Kunstraum Kreuzberg / Bethanien

entre límites / zwischen grenzen – berlin

16 Nov 2016 - 15 Jan 2017

ENTRE LÍMITES / ZWISCHEN GRENZEN – BERLIN
Klangkunst aus Mexiko und Deutschland
16 November 2016 - 15 Jan 2017

Mit Arbeiten von Arturo Hernández Alcázar, Marcela Armas & Gilberto Esparza, Sam Auinger, Jens Brand, Mario de Vega, Hans Peter Kuhn, Manuel Rocha, Stefan Roigk, Stefan Rummel, Guillermo Santamarina und Rogelio Sosa
Kurator: Carsten Seiffarth
„entre límites / zwischen grenzen – berlin“ ist eine Deutschland-Premiere. Die große Gruppenausstellung im Kunstraum Kreuzberg / Bethanien führt erstmals Klangkünstler aus Mexiko und Deutschland in einem gemeinsamen Ausstellungsprojekt zusammen. Zwölf Künstler stellen Arbeiten vor, die nicht nur die enorme Vielfalt des Genres aufzeigen, sondern in ihren Werken Perspektiven entwickeln, die über die Grenzen der Kunstgattungen hinausweisen.
Die Ausstellung ist der Höhepunkt eines dreijährigen Residenz- und Austauschprojekts, das von singuhr – projekte berlin und dem Goethe-Institut in Mexiko bereits 2015 initiiert wurde und nun im Rahmen des Mexikojahres in Deutschland in Berlin präsentiert wird. Die Mehrzahl der Arbeiten ist in mehrwöchigen Projektresidenzen in Mexiko und Berlin entstanden. Bereits Ende August bis Ende Oktober dieses Jahres wurden sie mit großem Erfolg in Mexiko-Stadt gezeigt. Die Ausstellung in Berlin präsentiert nun wiederum viele neue bzw. teilweise überarbeitete Werke.
„entre límites / zwischen grenzen – berlin“ wird am 25. November im Kunstraum Kreuzberg / Bethanien mit zwei Live-Performances eröffnet: Guillermo Santamarina (*1957) – der Nestor der mexikanischen experimentellen Kunst – präsentiert seine mehrstündige Aktion „Frei von jedem Schaden!“, in der Dutzende von Vinylschallplatten zunächst abgespielt und dann in eine mit Gips überzogene Wand geschleudert werden, an der sie entweder stecken bleiben oder zerschellen – ein Sinnbild der Zerstörung von Musik ebenso wie ein kreativ-performativer Akt der Befreiung.
Arturo Hernández Alcázar (*1968) eröffnet seine Aktionsskulptur „Swallow“ – eine Arbeit, die die aktuelle Diskussion um die extreme politische Rechte aufgreift. Für „Swallow“ verwendet Alcázar Audioaufnahmen von Demonstrationen der Rechten, Nachrichtensendungen etc. und verarbeitet sie zu einem Geräuschcluster, das er über große Hornlautsprecher aus einer offenen, hölzernen Box im Ausstellungsraum tönen lässt. In einer Live-Performance wird die Box mit frischem Beton befüllt, bis die Geräusche vollständig verstummt sind.
In einer Reihe von Arbeiten geht es um die Beziehungen von Klängen und Objekten.Das Künstlerpaar Marcela Armas (*1976) & Gilberto Esparza (*1975) demonstriert in seiner Klanginstallation „Sideral“ wie magnetische Felder eines 283 kg schweren Eisenmeteoriten aus der Archenhold-Sternwarte Berlin in pulsierende Klänge verwandelt werden können, die einen Raum zum Schwingen bringen.
Rogelio Sosas (*1977) Klanginstallation „Nodal“ hingegen untersucht die Beziehungen zwischen klanglichen und visuellen Prozessen und lässt elastische Schnüre durch Elektromotoren in Schwingungen versetzen, die er mit einer Klangkomposition synchronisiert.
Andere Arbeiten schaffen ganz eigene, immersive Umgebungen. Manuel Rochas (*1963) Klanginstallation „La síntesis de espacios“ implantiert einen weit entfernten Ort akustisch in die Ausstellung. Die Arbeit basiert auf der klanglichen Untersuchung sämtlicher Räume der barocken Kirche Ex Teresa im Zentrum von Mexiko-Stadt.
Hans Peter Kuhn (*1952) hingegen demonstriert in seiner Klang- und Videoinstallation „Drehung“ eine Welt in ständiger Bewegung. In „Drehung“ gibt es keinen Anfang und kein Ende, keinen Zweck und kein Ziel, aber auch keinen Stillstand. Die Arbeit besteht aus vier verschiedenen Filmsequenzen, deren räumliche Präsentation den Eindruck einer sehr langsamen, aber permanenten Drehung entstehen lässt – ein Eindruck, den Kuhn durch eine 16-kanalige Klangkomposition noch verstärkt.
Eine formal strenge und dabei sehr atmosphärische Arbeit ist die Installation „verdichtete reflexionen“ von Stefan Rummel (*1963). Darin verarbeitet Rummel Eindrücke seiner Residenz im mexikanischen Oaxaca. Eine steile Treppenskulptur, die den Raum diagonal halbiert, zitiert das präkolumbische Mitla, den Hauptort der Zapoteken im Süden Mexikos. In die Skulptur sind Lautsprecher integriert, aus denen Klänge zu hören sind, die Rummel in Mexiko aufgenommen und für die Installation elektronisch bearbeitet hat.
Auch Stefan Roigk (*1974) arbeitet mit formalen Zitaten. In seiner Klanginstallation “entfaltungen / desenvolvimientos” verarbeitet er alltägliche plastische Symbole und Formen, die er bei einer Residenz im mexikanischen Morelia entdeckte. Sie besteht aus einem räumlichen Arrangement von Artefakten, in dem Klänge und Objekte eng miteinander verknüpft sind. Durch eine mehrkanalige Komposition aus Geräuschen und Klängen werden die Objekte musikalisch und klanglich erweitert.
Sam Auingers (*1956) Dokumentation „Sounding Mexico City“ präsentiert erste Ergebnisse eines sechswöchigen Forschungsaufenthalts in Mexiko-Stadt. Gemeinsam mit Stadtplanern und Architekten untersuchte er ausgewählte Stadtviertel unter klanglichen und akustischen Gesichtspunkten. In Video- und Audiodokumenten, die er nun erstmals präsentiert, gibt er einen Einblick in die Komplexität auditiver Erforschungen urbaner Räume und eröffnet damit Perspektiven einer Neuinterpretation unserer modernen städtischen Landschaften.
Mario de Vega (*1979), der seit vielen Jahren in Berlin und Mexiko-Stadt arbeitet, erzählt in seiner Fotodokumentation „Absentia“ die Geschichte der gleichnamigen Klangskulptur, die er 2013 im Laboratorio Arte Alameda in Mexiko-Stadt erstmals präsentierte. Für die Arbeit wurde in einer der letzten Glockengießereien Mexikos eine Glocke gegossen, die dazu bestimmt war, niemals zu klingen. Nach der Ausstellung wurde die Glocke zertrümmert und deren Bruchstücke 2016 an unterschiedlichen Orten in Mexiko-Stadt vergraben.
Jens Brands (*1968) Installation „TETRAKTYS“ – ein Satellitenprojekt der Ausstellung, das zeitgleich in der Schering Stiftung präsentiert wird – spielt auf hintergründig-ironische Weise mit kosmologischen Deutungszusammenhängen, die bis in die Antike zurückreichen. Sie stellt ein mechanisches Modell der Sphärenharmonie dar, wird jedoch mithilfe eines Instrumentariums erzeugt, das normalerweise in anderen Kontexten eingesetzt wird. Es besteht aus klingenden automatisierten Flugdrohnen.
 

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