Dortmunder Kunstverein

Klasse Shana Moulton

07 Mar - 03 May 2015

Klasse Shana Moulton
Installationsansicht, Dortmunder Kunstverein. 2015. Foto: Roland Baege
KLASSE SHANA MOULTON
To Seek Out, To Explore, To Doze, To Snooze
7 März – 3 Mai 2015

Mit Jennifer Biemer, Lisa Blumendeller, Daniel Bonrath, Julia Cremer, Yi Cui, Paul (M.M) Dörper, Kathrin Heyer, Gilsuk Ko, Lea Landwehr, Janina Lemparty, Hannah Menzel, Minori Munetomo, Vanessa Möbes, Meike Roolfs, Kenny Rüdiger, Frédéric Schmidt, Elisabeth (Lis) Schröder, Mila Stoytcheva, Mileva Testas, Charlotte & Therese Watolla, Julia Warnecke, Jana Weigelt-Harth, Pia Weitkamp, Matthias Zahlten

Die Ausstellung to seek out, to explore, to doze, to snooze der Studierenden der Klasse Moulton (Kunstakademie Münster) präsentiert sich als ein Ort des Komforts, der von den Besuchenden mit allen Sinnen erforscht werden will. Dabei wird das Thema des Internationalen Frauenfilmfestivals Dortmund|Köln aufgegriffen, wo die Idee einer Komfort-Zone entstand. Das Programm des Festivals steht in diesem Jahr unter dem Zeichen des „Komforts“. Die Installationen im Dortmunder Kunstverein stellen sich somit als Lobby zur Verfügung, die zwischen den Filmvorführungen des Festivals zum aktiven Interagieren und Entspannen einlädt. Die Gäste werden mit Performances, wie kurzen Yogaübungen – den so genannten Entspannungs-Quickies – von Charlotte Watolla oder dem gesunden Comfort Food von Léa Landwehr & Jennifer Biemer umsorgt.

Die Ausstellungskonzeption basiert auf zwei Aspekten: Zum einem auf dem in den Niederlanden entwickelten therapeutischen „Snoezelen“ und der in den 90er Jahren entstandenen »Relationale Ästhetik«, so benannt von Nicolas Bourriaud. Das Snoezelen beschreibt eine subjektive erforschende Tätigkeit, die eine Entspannung durch sanfte multisensorische Eindrücke in speziellen, mit atmosphärischem Licht, Sound und weichen Möbeln ausgestatteten Räumen auslösen soll. Die »Relationale Ästhetik« diente der Klasse Moulton als kunsttheoretische Grundlage. Während jedoch Bourriaud die »Relationale Ästhetik« als „eine Kunstform, deren Substrat durch Intersubjektivität gebildet wird, und die das ›Zusammen-Sein‹ zu ihrem zentralen Thema macht“ (Nicolas Bourriaud: Relational Aesthetics. Paris 2002, S. 15) definiert, rückt die Klasse Moulton das Kunstobjekt wieder in eine aktivere Position. Eine Position die von Subjekten wahrgenommen werden will, die keine zwingende Kommunikation mit Dritten propagiert.

Die Installationen der Ausstellung wollen keine Gemeinschaft der Besucher erzwingen, sondern verstehen sich als Spielplätze des „Seins“. Im Vordergrund steht eine umfassende Körpererfahrung außerhalb des Gewöhnlichen, dessen konzeptuelle Grundvoraussetzung vor allem darin liegt, nicht nur zweidimensional, im Sinne des rein visuell Erfahrbaren, zu bleiben, sondern auch gefühlt, gehört, und geschmeckt werden soll.

Die Werkausführungen der einzelnen KünstlerInnen befassen sich dabei mit den unterschiedlichen Aspekten des menschlichen Wohlfühlens. So beschreibt die Videoarbeit Et in Arcadia Ego (Prolog) von Elisabeth Schröder die Suche nach Arcadien, dem Mythos nach ein idealer, idyllischer Ort, an dem Menschen frei leben und sich mit Poesie, Musik und Kunst beschäftigen. Aber auch weltlichere Bedürfnisse wie die Verbesserung des Selbstbewusstseins werden bedient: So flüstert die aus kreisförmig angeordneten Sitzsäcken mit angenähten Stoffarmen bestehende Installation ain't nobody got time for that" von Janina Lemparty den Satz „You are special".

Der Kuscheltiersessel Titanius Tarrance of Happy Harmonies, eine Arbeit von Mila Stoytcheva und Kathrin Heyer umsorgt den sitzenden Partizipienten durch Assoziationen einer behüteten Kindheit und zeigt die Bedeutung eines Kuschelfreundes für den Menschen. Der Kuschelfreund ist auch ein Bestandteil der Matratzenlandschaft namens Schützender Seemann / Protecting Seaman von Matthias Zahlten, die den Besucher zum schlummernden Verweilen einlädt und gleichzeitig auf eine körperlich sexuelle Komponente des Wohlfühlens verweist. Spielerisch fügen sich glitzernde kegelförmige Skulpturen von Yi Cui ein, die sich nach leichtem Anstoßen hin und her wiegen. Begleitet werden die Installationen von den sublimen nahtlos rekombinierbaren Klanglandschaften der Musikperformance Rotterdam Snoozel Corps vom Künstlerkollektiv der „flauschigen Tierbabies“ (alias Frederic Schmidt und Daniel Bonrath).

Die Anhäufung all dieser künstlerischen Interpretationen von Komfort eröffnet Einblicke in die Relevanz der Entspannung für den Menschen. Sei es, dass der Komfort als Zuflucht vor oder als Erweiterung der „gemeinen“ ungemütlichen Realität, der stressigen Arbeitswelt oder den erschütternden Weltereignissen verstanden wird. Die mannigfaltigen Eindrücke der Installationen, Videos und Performances können sich beim Betrachten gegenseitig überlagern und dekonstruieren in ihrem Echo den zu schönen, zu sanften Komfort, bis die melodramatische Traumatisierung der modernen Gemütlichkeit offenbar wird.
 

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