Tobias Zielony
17 Sep - 07 Nov 2010
© Tobias Zielony
aus der Serie Vele: Mini - Bike, 2010
Courtesy Tobias Zielony, Koch Oberhuber Wolff, Berlin und Galleria Lia Rumma, Neapel und Mailand
aus der Serie Vele: Mini - Bike, 2010
Courtesy Tobias Zielony, Koch Oberhuber Wolff, Berlin und Galleria Lia Rumma, Neapel und Mailand
TOBIAS ZIELONY
"Vele"
17.09. – 07.11.2010
Tobias Zielony fotografiert Menschen in ihrem Umfeld und im alltäglichen Umgang miteinander. Er begibt sich an die Peripherie moderner Großstädte, an Orte zum Beispiel, wo Jugendliche abends „rumhängen“. Dabei interessiert ihn nicht der Aspekt einer „sozialen Realität“, die ein Bildjournalist dort dokumentieren könnte, sondern vielmehr „die Art wie sie herumstehen. Es ist diese völlig beiläufige Form des Sozialen“, die den Künstler fasziniert.
Für seine Fotoserien arbeitet Tobias Zielony über einen längeren Zeitraum unmittelbar vor Ort, spricht mit den Menschen, hält sich mit ihnen auf. Die kunstvollen Aufnahmen zeichnen sich aus durch eine spezifische Mischung von intimer Nähe und beobachtender Distanz. Für "Big Sexyland" beispielsweise verbrachte der Künstler mehrere Monate in Berlin, um in einem Pornokino und einem dort angrenzenden Park zu fotografieren. Die Serie "Trona" handelt vom Leben in einem Ort am Rande von L.A., wo die Stadt in die Wüste übergeht.
Die Ausstellung zeigt acht Fotoarbeiten aus der neuen Arbeit „Vele“ (2009), die im Norden der Stadt Neapel entstanden ist. Die Serie umfasst eine Vielzahl unvermischter Architekturmotive und erstmals arbeitete Zielony mit verschieden Bildformaten.
Tobias Zielony, geb. 1973 in Wuppertal, lebt und arbeitet in Berlin.
„Le Vele di Scampia“ ist eine futuristische Wohnsiedlung im Norden von Neapel und ein Schauplatz des Camorra-Krieges. Ende der 1970er Jahre von Francesco di Salvo entworfen und ihrer städtebaulichen Struktur wegen weithin beachtet, wurden „Le Vele” („Die Segel”) schon vor ihrer Fertigstellung von Familien aus dem Mafia-Umfeld besetzt. Heute ist der Gebäudekomplex einer der größten Drogenumschlagplätze Europas und ein Symbol für die Macht der Camorra in der Region Neapel. 2008 drehte Matteo Garrone hier seinen Kinofilm „Gomorra“ nach dem Roman von Roberto Saviano.
Tobias Zielonys fotografische Serie „Vele“ entstand 2009 am gleichen Ort. Aber seine Bilder zeigen nicht etwa harte Drogen-Jungs, keinen Mafia-Krimi, kaum den Anfang einer Neapelgeschichte. Wie schon in vorangegangenen Projekten tritt statt dessen eine substanzielle Unsicherheit im Rollenspiel der meist jugendlichen Akteure hervor, die Zielony an den Randzonen gesellschaftlicher Akzeptanz aufsucht: Ihre Hoffnung, Anerkennung als das Individuum zu finden, das sie zu sein glauben, trifft auf die Sorge, das Bild vom eigenen Selbst nicht überzeugend genug zu verkörpern. Ihre Kleidung, ihre Gestik, ihre Accessoires passen auf Identitätsvorlagen, die sie dem globalen Warenstrom der Mode-, Film- und Musikindustrie entnehmen, während sie selber in den Resten scheiternder städtebaulicher Utopien darauf warten, dass zwischen Langeweile, Gelegenheitsarbeiten und Kriminalisierung das Leben endlich beginnt, für das sie posieren.
Es gibt nicht nur eine Globalisierung der Märkte und der Seinsweisen, die sie anzubieten haben. Es gibt auch eine Globalisierung des wachsenden Unmuts, das eigene Leben diesen Märkten zu unterwerfen - gepaart mit der Furcht, dass dann vielleicht nicht viel bliebe vom eigenen Selbst.
"Vele"
17.09. – 07.11.2010
Tobias Zielony fotografiert Menschen in ihrem Umfeld und im alltäglichen Umgang miteinander. Er begibt sich an die Peripherie moderner Großstädte, an Orte zum Beispiel, wo Jugendliche abends „rumhängen“. Dabei interessiert ihn nicht der Aspekt einer „sozialen Realität“, die ein Bildjournalist dort dokumentieren könnte, sondern vielmehr „die Art wie sie herumstehen. Es ist diese völlig beiläufige Form des Sozialen“, die den Künstler fasziniert.
Für seine Fotoserien arbeitet Tobias Zielony über einen längeren Zeitraum unmittelbar vor Ort, spricht mit den Menschen, hält sich mit ihnen auf. Die kunstvollen Aufnahmen zeichnen sich aus durch eine spezifische Mischung von intimer Nähe und beobachtender Distanz. Für "Big Sexyland" beispielsweise verbrachte der Künstler mehrere Monate in Berlin, um in einem Pornokino und einem dort angrenzenden Park zu fotografieren. Die Serie "Trona" handelt vom Leben in einem Ort am Rande von L.A., wo die Stadt in die Wüste übergeht.
Die Ausstellung zeigt acht Fotoarbeiten aus der neuen Arbeit „Vele“ (2009), die im Norden der Stadt Neapel entstanden ist. Die Serie umfasst eine Vielzahl unvermischter Architekturmotive und erstmals arbeitete Zielony mit verschieden Bildformaten.
Tobias Zielony, geb. 1973 in Wuppertal, lebt und arbeitet in Berlin.
„Le Vele di Scampia“ ist eine futuristische Wohnsiedlung im Norden von Neapel und ein Schauplatz des Camorra-Krieges. Ende der 1970er Jahre von Francesco di Salvo entworfen und ihrer städtebaulichen Struktur wegen weithin beachtet, wurden „Le Vele” („Die Segel”) schon vor ihrer Fertigstellung von Familien aus dem Mafia-Umfeld besetzt. Heute ist der Gebäudekomplex einer der größten Drogenumschlagplätze Europas und ein Symbol für die Macht der Camorra in der Region Neapel. 2008 drehte Matteo Garrone hier seinen Kinofilm „Gomorra“ nach dem Roman von Roberto Saviano.
Tobias Zielonys fotografische Serie „Vele“ entstand 2009 am gleichen Ort. Aber seine Bilder zeigen nicht etwa harte Drogen-Jungs, keinen Mafia-Krimi, kaum den Anfang einer Neapelgeschichte. Wie schon in vorangegangenen Projekten tritt statt dessen eine substanzielle Unsicherheit im Rollenspiel der meist jugendlichen Akteure hervor, die Zielony an den Randzonen gesellschaftlicher Akzeptanz aufsucht: Ihre Hoffnung, Anerkennung als das Individuum zu finden, das sie zu sein glauben, trifft auf die Sorge, das Bild vom eigenen Selbst nicht überzeugend genug zu verkörpern. Ihre Kleidung, ihre Gestik, ihre Accessoires passen auf Identitätsvorlagen, die sie dem globalen Warenstrom der Mode-, Film- und Musikindustrie entnehmen, während sie selber in den Resten scheiternder städtebaulicher Utopien darauf warten, dass zwischen Langeweile, Gelegenheitsarbeiten und Kriminalisierung das Leben endlich beginnt, für das sie posieren.
Es gibt nicht nur eine Globalisierung der Märkte und der Seinsweisen, die sie anzubieten haben. Es gibt auch eine Globalisierung des wachsenden Unmuts, das eigene Leben diesen Märkten zu unterwerfen - gepaart mit der Furcht, dass dann vielleicht nicht viel bliebe vom eigenen Selbst.