Kunstverein Hamburg

IGDRA

28 Sep 2013 - 05 Jan 2014

PRIVATISIERUNG ALS GOTTESDIENST
IGDRA
28 September 2013 – 5 Januar 2014

Privatisierung als Gottesdienst - Neoliberale Politik und pastorale Macht

Parallel zur Ausstellung von Olaf Metzel im ersten Obergeschoss, die sich mit Themen deutscher Gegenwartsgeschichte beschäftigt, präsentiert die Initiative gegen die realisierte Absurdität im Archivraum des Kunstvereins die öffentlichen Ereignisse und Hintergründe zu einem konkreten Hamburger Fall:

Der Sparbierplatz im Süden des Hamburger Stadtteils Eimsbüttel war von 1908 bis 2008 eine unbebaute kommunal-öffentliche Freifläche und als solche Teil eines zusammenhängenden Grünflächen-Ensembles des Bezirks. Wegen seiner ungewöhnlichen Größe von 22.000 qm hatte dieser öffentliche Raum im Eimsbütteler Kerngebiet eine umfassende Erholungsfunktion. Als kommunale Einrichtung ohne Zugangsbeschränkungen bot der Platz freie Bewegungsmöglichkeiten jenseits von kommerzieller und staatlicher Einmischung. Zur zentralen städtebaulichen Bedeutung dieser Großfläche kam ihre Nutzung alsBegegnungsort, Spiel- undSportfreifläche.

Unter der Regierung von Ole von Beust und Ronald Schill wurde der Platz privatisiert und bebaut: Auf der einen Hälfte steht heute ein klerikales Klinikum, auf der anderen wurde dem Eimsbüttler Turnverein (ETV) aus öffentlichen Krankenhausinvestitionsmitteln ein teurer Kunstrasenplatz finanziert. Als Freifläche ist der Sparbierplatz seither komplett verschwunden. Begehrlichkeiten hatte die Großfläche immer schon geweckt, aber diese scheiterten stets an der relativ stabilen Bedeutung, die öffentliche Einrichtungen bis dahin in der symbolischen Werteordnung der Gesellschaft hatten.

2002 hatte sich in Eimsbüttel die "Initiative gegen die Bebauung des Sparbierplatzes" gebildet, die die Bebauung des öffentlichen Raumes lange verzögern konnte, am Ende aber an den politischen Machtverhältnissen scheiterte. Diese Initiative hatte ihre zehnjährigen Interventionen und Recherchen zu politischen Entscheidungswegen, evangelikalen Konzernstrukturen, finsterster Sportvereinsgeschichte und vielem mehr, auf einer vielbeachteten Website und mehreren Fotoblogs öffentlich gemacht. Im Mai 2012 sah sie sich gezwungen, alles aus dem Netz zu nehmen, um einem Prozess zu entgehen, der - unabhängig von seinem Ausgang - die Mitglieder finanziell in den Ruin geführt hätte. Diese Ausstellung versucht, die Recherchen dieser Initiative nachzuvollziehen und in ihren wesentlichen Ergebnissen darzustellen.
 

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