Kunstverein Ludwigshafen

Dokumentarfotografie Förderpreise 08 der Wüstenrot Stiftung

08 Sep - 28 Oct 2012

© Tanja Jürgensen
Centres of Excellence, 2010
C-Print
63x84cm
DOKUMENTARFOTOGRAFIE FÖRDERPREISE 08 DER WÜSTENROT STIFTUNG
Tanja Jürgensen, Mathias Königschulte, Maziar Moradi, Kim Sperling
8. September bis 28. Oktober 2012

Seit 1994 vergibt die Wüstenrot Stiftung in Zusammenarbeit mit der Fotografischen Sammlung des Museum Folkwang Essen alle zwei Jahre einen Förderpreis an jeweils vier Dokumentarfotografen. Es ist das Anliegen der Stiftung, jungen Dokumentarfotografen die Möglichkeit zur Realisierung eines freien Projekts zu geben und dieses im Rahmen einer Ausstellung der Öffentlichkeit zu präsentieren. Die Preise sind mit jeweils 10.000 € dotiert. Die Förderpreisträger 08 sind Tanja Jürgensen, Mathias Königschulte , Maziar Moradi und Kim Sperling . Die Ausstellung zeigt die mit Hilfe der Dokumentarfotografie Förderpreise 08 der Wüstenrot Stiftung entstandenen Arbeiten sowie die Diplomarbeiten der Künstler.

In ihrer Serie Centres of Excellence begibt sich Tanja Jürgensen in das Leben von US-amerikanischen Ivy League Universitäten. Amerikanische Top Universitäten sind keine öffentlich zugänglichen Bildungseinrichtungen, vielmehr haben sie es sich zur Aufgabe gemacht, Eliten zu produzieren, denn der Schwerpunkt des Studiums liegt nicht nur in der fachlichen Ausbildung, sondern auch in der Eingliederung in ein System, das aus Netzwerken gesellschaftlicher Machtstrukturen besteht.

Mit dem Berliner Stadtteil Wedding beschäftigt sich Mathias Königschulte in seiner gleichnamigen Arbeit. Es ist nach dem Fall der Mauer nicht gelungen, ihn in das Konzept „Neue Mitte“ zu integrieren. Auch die historischen Bilder, die ihn als Arbeiterbezirk und Ort des Klassenkampfs zeigen, haben ihre Gültigkeit längst verloren. Im Wedding wohnen heute vor allem arbeitslose Deutsche und Migranten. Ihre Geschichten haben wenig gemeinsam; sie geben kein einheitliches Bild. Königschulte untersucht dort Teile der Gesellschaft, der zunehmend die Koordinaten fehlen, in denen der Alltag g ew öhnlich stattfindet, und für die die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit, zwischen privatem und öffentlichem Raum oder Fremde und Heimat verschwimmen.

Das Leben iranischer Transsexueller dokumentiert Maziar Moradi in seinem Projekt Was wir sind . Im Iran sind Geschlechtsumwandlungen seit der, inzwischen 20 Jahre alten, Fatwa Ajatollah Chomeinis legal, werden sogar vom Staat gefördert. Seither hat der Iran nach Thailand die höchste Rate an Geschlechtsumwandlungen. Es ist das einzige Land der Welt, das Menschen nach einer solchen Geschlechtsumwandlung in der Geburtsurkunde eine neue Identität gibt. Moradi spürt in seiner Serie dem Schicksal der Betroffenen nach und zeigt wie sie im Alltag der iranischen Gesellschaft, die noch sehr feste Rollenvorstellungen der Geschlechter hat, mit ihrer neuen Identität Fuß fassen.

Mit dem Mythos der Insel Dokdo als östlichster Ort Koreas beschäftigt sich Kim Sperling in seiner gleichnamigen Serie. Dokdo gehört zu einer knapp 0,2 km2 großen Inselgruppe rund 200 km vor der Ostküste Koreas. Die winzigen Inseln wären kaum weiter erwähnenswert, wenn nicht schon seit Jahrzehnten ein erbitterter Streit zwischen Japan und Korea um die Zugehörigkeit der Felsen herrschen würde. Während das Thema in der japanischen Bevölkerung nur ein Nischendasein führt, gibt es unter Koreanern kaum ein anderes Thema, welches so emotional und leidenschaftlich verfolgt wird. Für Koreaner ist Dokdo inzwischen ein zentrales Symbol der Stiftung nationaler Identität. Die Insel ist fast unb ew ohnt: Neben einem Fischer und dem Personal des dortigen Leuchtturms befindet sich eine 20 Mann starke Einheit der koreanischen Polizei dort, um die Interessen Koreas zu wahren.