Dokumentarfotografie Förderpreise 09 der Wüstenrot Stiftung
20 Sep - 14 Dec 2014
© Marcel Noack
na wšón gwałt, 2013
Wandarbeit:
C-Prints
Installation im Raum:
vier Archivboxen / Inkjet-Prints
na wšón gwałt, 2013
Wandarbeit:
C-Prints
Installation im Raum:
vier Archivboxen / Inkjet-Prints
DOKUMENTARFOTOGRAFIE FÖRDERPREISE 09 DER WÜSTENROT STIFTUNG
Paula Markert, Till Müllenmeister, Marcel Noack und Christine Steiner
20 September - 14 Dezember 2014
Vor dem Hintergrund einer weit verbreiteten ironisch-künstlerischen Praxis der Postmoderne heben sich die Arbeiten von Paula Markert, Till Müllenmeister, Marcel Noack und Christine Steiner durch ihre Auseinandersetzung mit „lebenswirklichen“ Themen ab. Alle vier Positionen versuchen dabei die Wirklichkeit hinter den Bildern in ihrer Wandelbarkeit und Deutbarkeit erfahrbar zu machen. Für dieses Ziel wählten die Preisträgerinnen und Preisträger der Dokumentarfotografie Förderpreise 09 ganz unterschiedliche Sujets und Präsentationsformen. Dem klassischen Wandbild verpflichtet ist die Arbeit von Christine Steiner, die sich mit non-territorialen Arbeitsplatzmodellen der modernen Dienstleistungsbranche beschäftigt. Die Präsentation als Wandbild erweitert Paula Markert in ihrer Portraitserie von Protagonisten aus der Finanzwelt um eine Audioinstallation, die die Portraitierten selbst zu Wort kommen lässt. Till Müllenmeister wiederum kombiniert seine in mehrteiligen Tableaus gefassten Serien über prekäre Lebensverhältnisse in Kenia mit einer großformatigen Diaprojektion von Portraits. Und Marcel Noack, der die durch Braunkohle-Tagebau bedrohte sorbische Landschaft dokumentiert, zeigt die bereits verschwundenen Orte und Naturräume in zu Triptychen angeordneten Wandbildern in Verbindung mit einer Installation aus Landkarte und Archivkästen. Die Dokumentarfotografie Förderpreise werden alle zwei Jahre von der Wüstenrot Stiftung in Zusammenarbeit mit der Fotografischen Sammlung des Museum Folkwang, Essen, ausgeschrieben. Die Preise sind mit jeweils 10.000 EUR dotiert und ermöglichen die Realisierung eines neuen Projekts. Nach Ablauf eines Projektjahres wird aus den Arbeitsergebnissen eine Wanderausstellung mit Begleitkatalog konzipiert. Ausstellung, Katalog und Tournee sind Teil des Förderpreises und werden in vollem Umfang von der Wüstenrot Stiftung getragen.
Paula Markert
1982 // geboren in Hamburg, lebt in Hamburg
Das Geld der Anderen, 2013
Digitale C-Prints und gesprochene Texte / mp3-Player
Seit Beginn der Finanzkrise im Jahr 2008 sind Banker weltweit immer stärker in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Je mehr die Akteure der Finanzwelt kritisch beäugt werden, desto weniger Berührungspunkte scheinen sie jedoch mit der Mehrheit der Bevölkerung zu haben. Doch aus welcher sozialen Situation kommen die Menschen, die sich in der kühlen Szenerie der internationalen Kapitalmärkte sicher bewegen? Welche Macht besitzen sie aufgrund ihrer beruflichen Position? Haben sie alle etwas gemeinsam? Verbindet sie tatsächlich das Klischee vom gefühlskalten, von Gier nach Rendite getriebenen Bankers? In den Finanzmetropolen Paris, Frankfurt, New York und London hat Paula Markert nach einer Antwort gesucht.
Till Müllenmeister
1981 // geboren in Köln, lebt in Köln und Nairobi (Kenia)
Menschen in Krisen, 2013
Inkjet-Prits, Diaprojektion
Lebensumstände und Gefühle von Menschen anderer Kulturen erscheinen uns nicht nur fremd, sondern oft »befremdlich«. Auf Schicksalsschläge und existenzielle Krisen reagieren Menschen sehr unterschiedlich. Oft sind es einfache Wünsche und Träume, die die Menschen aufrecht halten. Nur durch das Erkennen von Verhaltensmustern und Emotionen werden die Personen uns als Betrachter vertraut.
Marcel Noack
1980 // geboren in Bad Muskau, lebt in Leipzig
na wšón gwałt, 2013
Wandarbeit: C-Prints
Installation im Raum: vier Archivboxen / Inkjet-Prints
Braunkohle wird in der Lausitz bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts und wird auch heute noch abgebaut. Im Jahr 2012 entschied die deutsche Bundesregierung den Ausstieg aus der Atomenergie. Dadurch wird der Braunkohleabbau vor allem für die Energieunternehmen wieder interessanter und wichtiger. Wie bereits zu DDR -Zeiten müssen in der Lausitz vorrangig sorbisch geprägte Siedlungsgebiete neuen expandierenden Tagebauen weichen. Ursprüngliche Natur, Orte und Wege werden dabei ausgelöscht. Das kulturelle Gedächtnis von Ortschaften und das der sorbischen Sprache innewohnende identitätsstiftende Moment gehen weiter verloren. Meine Arbeit » na wšón gwałt « (Auf Teufel komm raus) beobachtet diese Prozesse im Braunkohletagebaugebiet Nochten/Wochozy. Sie sichert die Wege und Spuren dieser unwiederbringlich verschwindenden Natur- und Kulturlandschaft und archiviert sie.
Christine Steiner
1978 // geboren in Bonn, lebt in Dortmund
Mehr als ein Arbeitsplatz, 2013
Digitale C-Prints
Als Ort, der »keine besondere Identität« und » keine besondere Relation« schafft, sondern » Einsamkeit und Ähnlichkeit«, beschreibt Marc Augé den Nicht-Ort, den die Übermoderne hervorbringt. Flughäfen, U-Bahnen und Einkaufszentren zählen zu diesen peripher erbauten, transitorisch genutzten und modular eingerichteten Raumstrukturen, die paradigmatisch für die Gegenwart sind. Bürogebäude könnte man ebenfalls zu dieser Kategorie zählen. Sie weisen, ganz egal wo auf der Welt sie stehen, eine hohe visuelle Ähnlichkeit auf und in ihren räumlichen Konfigurationen lässt sich die Verschiebung vom » anthropologischen Ort « hin zum » transitorischen Funktionsort « besonders gut beobachten. Die Zuweisung einer bestimmten » F unktionsstelle«, die Verortung innerhalb des Unternehmens als für die » alte Ordnung« typisches Organisationsprinzip, bot einen hohen Grad an Individualisierungsmöglichkeiten, schuf Identifikation und Daseinsberechtigung – das Büro als Ort im emphatischen Sinn. Heute, da die Arbeitswelt dem Optimierungszwang postmoderner Managementtheorien ausgesetzt ist, muss auch der Büroraum als »neues Produkt« entworfen werden. Eine ganze Branche hat sich auf die Entwicklung effizienter Bürolandschaften spezialisiert, designt maßgeschneiderte non-territoriale Raumlayouts zur Flächeneinsparung und kreiert das optimale Maß an » heimeliger« Atmosphäre, um den Verlust der festen Adresse zu kompensieren und Angestellte zu Höchstleistungen zu motivieren. In meiner Arbeit erkunde ich die temporären und konzeptionellen Übergänge, denen Büroräume unterworfen sind. Dabei bleibt die Frage nach dem spezifischen Ort unbeantwortet, wie es dem Wesen des Nicht-Ortes entspricht. Jede der Fotografien könnte an vielen möglichen Orten aufgenommen sein.
Paula Markert, Till Müllenmeister, Marcel Noack und Christine Steiner
20 September - 14 Dezember 2014
Vor dem Hintergrund einer weit verbreiteten ironisch-künstlerischen Praxis der Postmoderne heben sich die Arbeiten von Paula Markert, Till Müllenmeister, Marcel Noack und Christine Steiner durch ihre Auseinandersetzung mit „lebenswirklichen“ Themen ab. Alle vier Positionen versuchen dabei die Wirklichkeit hinter den Bildern in ihrer Wandelbarkeit und Deutbarkeit erfahrbar zu machen. Für dieses Ziel wählten die Preisträgerinnen und Preisträger der Dokumentarfotografie Förderpreise 09 ganz unterschiedliche Sujets und Präsentationsformen. Dem klassischen Wandbild verpflichtet ist die Arbeit von Christine Steiner, die sich mit non-territorialen Arbeitsplatzmodellen der modernen Dienstleistungsbranche beschäftigt. Die Präsentation als Wandbild erweitert Paula Markert in ihrer Portraitserie von Protagonisten aus der Finanzwelt um eine Audioinstallation, die die Portraitierten selbst zu Wort kommen lässt. Till Müllenmeister wiederum kombiniert seine in mehrteiligen Tableaus gefassten Serien über prekäre Lebensverhältnisse in Kenia mit einer großformatigen Diaprojektion von Portraits. Und Marcel Noack, der die durch Braunkohle-Tagebau bedrohte sorbische Landschaft dokumentiert, zeigt die bereits verschwundenen Orte und Naturräume in zu Triptychen angeordneten Wandbildern in Verbindung mit einer Installation aus Landkarte und Archivkästen. Die Dokumentarfotografie Förderpreise werden alle zwei Jahre von der Wüstenrot Stiftung in Zusammenarbeit mit der Fotografischen Sammlung des Museum Folkwang, Essen, ausgeschrieben. Die Preise sind mit jeweils 10.000 EUR dotiert und ermöglichen die Realisierung eines neuen Projekts. Nach Ablauf eines Projektjahres wird aus den Arbeitsergebnissen eine Wanderausstellung mit Begleitkatalog konzipiert. Ausstellung, Katalog und Tournee sind Teil des Förderpreises und werden in vollem Umfang von der Wüstenrot Stiftung getragen.
Paula Markert
1982 // geboren in Hamburg, lebt in Hamburg
Das Geld der Anderen, 2013
Digitale C-Prints und gesprochene Texte / mp3-Player
Seit Beginn der Finanzkrise im Jahr 2008 sind Banker weltweit immer stärker in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Je mehr die Akteure der Finanzwelt kritisch beäugt werden, desto weniger Berührungspunkte scheinen sie jedoch mit der Mehrheit der Bevölkerung zu haben. Doch aus welcher sozialen Situation kommen die Menschen, die sich in der kühlen Szenerie der internationalen Kapitalmärkte sicher bewegen? Welche Macht besitzen sie aufgrund ihrer beruflichen Position? Haben sie alle etwas gemeinsam? Verbindet sie tatsächlich das Klischee vom gefühlskalten, von Gier nach Rendite getriebenen Bankers? In den Finanzmetropolen Paris, Frankfurt, New York und London hat Paula Markert nach einer Antwort gesucht.
Till Müllenmeister
1981 // geboren in Köln, lebt in Köln und Nairobi (Kenia)
Menschen in Krisen, 2013
Inkjet-Prits, Diaprojektion
Lebensumstände und Gefühle von Menschen anderer Kulturen erscheinen uns nicht nur fremd, sondern oft »befremdlich«. Auf Schicksalsschläge und existenzielle Krisen reagieren Menschen sehr unterschiedlich. Oft sind es einfache Wünsche und Träume, die die Menschen aufrecht halten. Nur durch das Erkennen von Verhaltensmustern und Emotionen werden die Personen uns als Betrachter vertraut.
Marcel Noack
1980 // geboren in Bad Muskau, lebt in Leipzig
na wšón gwałt, 2013
Wandarbeit: C-Prints
Installation im Raum: vier Archivboxen / Inkjet-Prints
Braunkohle wird in der Lausitz bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts und wird auch heute noch abgebaut. Im Jahr 2012 entschied die deutsche Bundesregierung den Ausstieg aus der Atomenergie. Dadurch wird der Braunkohleabbau vor allem für die Energieunternehmen wieder interessanter und wichtiger. Wie bereits zu DDR -Zeiten müssen in der Lausitz vorrangig sorbisch geprägte Siedlungsgebiete neuen expandierenden Tagebauen weichen. Ursprüngliche Natur, Orte und Wege werden dabei ausgelöscht. Das kulturelle Gedächtnis von Ortschaften und das der sorbischen Sprache innewohnende identitätsstiftende Moment gehen weiter verloren. Meine Arbeit » na wšón gwałt « (Auf Teufel komm raus) beobachtet diese Prozesse im Braunkohletagebaugebiet Nochten/Wochozy. Sie sichert die Wege und Spuren dieser unwiederbringlich verschwindenden Natur- und Kulturlandschaft und archiviert sie.
Christine Steiner
1978 // geboren in Bonn, lebt in Dortmund
Mehr als ein Arbeitsplatz, 2013
Digitale C-Prints
Als Ort, der »keine besondere Identität« und » keine besondere Relation« schafft, sondern » Einsamkeit und Ähnlichkeit«, beschreibt Marc Augé den Nicht-Ort, den die Übermoderne hervorbringt. Flughäfen, U-Bahnen und Einkaufszentren zählen zu diesen peripher erbauten, transitorisch genutzten und modular eingerichteten Raumstrukturen, die paradigmatisch für die Gegenwart sind. Bürogebäude könnte man ebenfalls zu dieser Kategorie zählen. Sie weisen, ganz egal wo auf der Welt sie stehen, eine hohe visuelle Ähnlichkeit auf und in ihren räumlichen Konfigurationen lässt sich die Verschiebung vom » anthropologischen Ort « hin zum » transitorischen Funktionsort « besonders gut beobachten. Die Zuweisung einer bestimmten » F unktionsstelle«, die Verortung innerhalb des Unternehmens als für die » alte Ordnung« typisches Organisationsprinzip, bot einen hohen Grad an Individualisierungsmöglichkeiten, schuf Identifikation und Daseinsberechtigung – das Büro als Ort im emphatischen Sinn. Heute, da die Arbeitswelt dem Optimierungszwang postmoderner Managementtheorien ausgesetzt ist, muss auch der Büroraum als »neues Produkt« entworfen werden. Eine ganze Branche hat sich auf die Entwicklung effizienter Bürolandschaften spezialisiert, designt maßgeschneiderte non-territoriale Raumlayouts zur Flächeneinsparung und kreiert das optimale Maß an » heimeliger« Atmosphäre, um den Verlust der festen Adresse zu kompensieren und Angestellte zu Höchstleistungen zu motivieren. In meiner Arbeit erkunde ich die temporären und konzeptionellen Übergänge, denen Büroräume unterworfen sind. Dabei bleibt die Frage nach dem spezifischen Ort unbeantwortet, wie es dem Wesen des Nicht-Ortes entspricht. Jede der Fotografien könnte an vielen möglichen Orten aufgenommen sein.