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01 - 09 Jul 2015
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1 - 19 Juli 2015
Künstler: Bertold Mathes, Britta Lumer, Dieter Krieg, Fiene Scharp, Frank Nitsche, Irma Blank, Jochen Dehn, Martin Maeller, Matthias Esch, Merlin James, Michael Dreyer, Michael Müller, Paul Klee, Rolf-Gunter Dienst, Vlado Martek, Wolfgang Betke
Kurator: Gerrit Gohlke
"Habe ich nur im Netz gesehen, aber tolles Projekt!". Eine erfolgreiche Ausstellung, kann man inzwischen sagen, wird zwar auch an Besucherzahlen gemessen, findet aber nicht mehr am Ausstellungsort statt. Sie ereignet sich anderswo. In sozialen Medien, Presseerklärungen, Bildern der Bilder, die sich verschicken lassen und im schnellen, fokussierten Gespräch über die zentralen Thesen des Projekts. 1/1 zeigt dagegen nur ein Bild am Tag. Jeden Tag ein anderes, und wir veröffentlichen keine Pressebilder. Damit gibt es uns faktisch nicht. Wir sind für einige Tage nicht existent. Wenn Sie uns aber besuchen, haben Sie die Möglichkeit, die Zeit eines ganzen Ausstellungsbesuches in ein einziges Exponat zu investieren.
2013 hatte der BKV Potsdam "Anonymous" gezeigt, ein Projekt in dem sämtliche Künstlerinnen und Künstler (und auch alle Leihgeber) anonymisiert wurden. Namen, Viten, Preise und Karrieren, nichts davon war zu sehen, und die Ausstellung wuchs alle drei Tage um einige Exponate an. Bis heute verraten wir nicht, wer da ausgestellt hat, obwohl die Positionen den Erfolgsgradmesser Prominenz durchaus erfüllten.
Davon ausgehend und zur jährlich wiederkehrenden Weltkunstmesse "Art Basel" fanden wir, dass es vielleicht darauf ankäme, auf das zweite Problem hinzuweisen, das den Kunstbetrieb ständig deformiert: Den Zwang zur medialen Verfügbarkeit der Werke, der Druck eine kompakte, im Nu konsumierbare Masse in einer Ausstellung zu erzeugen. Das Betriebsgesetz, eine Ausstellung müsse eine sofort zu reproduzierende These, ein in E-Mails schnell weiterzureichendes Paket von Informationen sein. Über eine Ausstellung muss man möglichst schnell an möglichst vielen Orten der Welt reden können, scheint uns das implizit unterstellte Ziel unserer Arbeit zu sein.
1/1 ist keine Lösung, nicht einmal mehr ein Kommentar. Aber das Projekt ist, mag es trotzig erscheinen, auch nicht resignativ. Es ist eine Belustigung und ein Panic Room, ein Schutzraum zum Rückzug vor dem übermächtigen Angreifer vor der Tür. Wir bieten ein gläsernes Asyl, eine durchsichtige Burg gegen das Palaver. Wir stellen Bilder aus, von denen es keine Bilder gibt. Pressebilder, werte Medienvertreter sind aus, es gibt nur ein Bild, und es ist jeden Tag ein anderes.
Jeden Tag ein anderes Bild zu zeigen, 16 Ausstellungstage lang, heißt, einen fast leeren Raum ertragen zu müssen, in dem man nicht wandern, flanieren, Perspektiven wechseln, sondern nur ein Bild betrachten kann. Gefällt es, setzt es sich in der Reflexion fest, gibt es zu denken, lässt es nicht mehr los... kann man es nicht liken, in sozialen Medien teilen, versenden oder kopieren. Man kann davon erzählen. Oder es sich merken. Sich daran erinnern. Wieder kommen und ein anderes Bild betrachten.
Und wer wird kommen? Für ein Bild? Ein interessantes Experiment. Fahren Sie, sagen wir, 20 Minuten Bahn, steigen Sie auf Ihr Fahrrad, laufen Sie durch die Stadt, um... ein Bild zu sehen? Das die meisten anderen Menschen mutmaßlich nicht gesehen haben? Kommen nur Passanten, die sowieso da sind oder die mit anderen Absichten kamen? Löst ein Bild Verärgerung aus, weil kein anderes da ist, dem man sich nervös zuwenden kann, wenn man im ersten nichts mehr entdeckt?
Wird das eine ärgerliche Ausstellung? Herrscht im Panic Room Langeweile oder die Genugtuung entronnen zu sein. Sind wir eine Wartehalle oder eine Kammer zur Steigerung der Konzentration? Wir wissen es nicht. Wir sind der Kunstverein ohne Vertrauen in die Macht kuratorischer Thesen. Wir glauben an Experimente ohne doppelten Boden. Wir wollten einfach ein Bild aufhängen. Täglich. Es hat sich möglicherweise einfach nur gut angefühlt.
Bei der diesjährigen Art Basel wurden viele Schlüsselwerke in den ersten Stunden verkauft. Die große Sichtbarkeit im Weltmaßstab hat die Messe zu einer ihrer erfolgreichsten Ausgaben seit ihrem Bestehen mit außerordentlichen Umsätzen werden lassen, heißt es in der Abschlusspresseerklärung der Messegesellschaft. Randpositionen, schwierige Werke, kleine Formate waren dort fast nicht mehr zu sehen. Wir bieten ihnen ein paar Tage Asyl.
Ausstellungsinformation mit Informationen zu allen Werken:
Ausstellungstexte zu den einzelnen Werken (die Informationstexte verblieben in der Ausstellung - als Archiv und Gedächtnisstütze - und zeigten oben links maßstäblich die Größe und Proportion des gezeigten Werkes):
28.06. - Merlin James: Bird House, 2008 - Acryl und Mixed Media auf Leinwand - 18 x 22 cm
01.07. - Vlado Martek: Artists in a Cage, 1976/1999 - Fotografie und Typoskript) - 72 x 42 cm (gerahmt)
02.07. - Frank Nitsche: HOR-39-2015, 2015 - Öl auf Leinwand - 51 x 44,3 cm
03.07. - Jochen Dehn: Clementine / RTP, 2015 - Bleistift auf Papier - 75 x 50 cm
04.07. - Irma Blank: Osmotic Drawings C-3, 2011 - Acryl auf Papier - 23,7 x 16,7 cm
05.07. - Rolf-Gunter Dienst: Momentetagebuch 2.3.1963, 1963 - 83,5 x 63 cm (gerahmt)
08.07. - Fiene Scharp: o.T., 2011 - Haar, Graphit, Klebeband auf Papier - 64 x 54 cm
09.07. - Michael Dreyer: ohne Titel, 2010 - Tinte auf Leinwand - 180 x 140 cm
10.07. - Matthias Esch: Sonne (Mond), 2015 - Öl auf Leinwand - 30 x 25 cm
11.07. - Dieter Krieg: Spiegelei, 1995 - Acryl auf Acrylglas - 95 x 200 cm
15.07. - Martin Maeller: im äther hantieren, 2015 - Öl auf Holz, 33 x 21 cm
16.07. - Britta Lumer: ohne Titel, 2015 - Chlor und Kohle auf Leinwand, 73 x 60 cm
17.07. - Wolfgang Betke: Stand Humanismus, 2015 - Mischtechnik auf Leinwand, 60 x 50 cm
18.07. - Bertold Mathes: Booking-4, 2013 - Öl auf Leinwand, 30 x 24 cm
19.07. - Paul Klee: der Strand bei Beg Meil, 1928 - Feder und Aquarell auf Papier, 30 x 46 cm
1 - 19 Juli 2015
Künstler: Bertold Mathes, Britta Lumer, Dieter Krieg, Fiene Scharp, Frank Nitsche, Irma Blank, Jochen Dehn, Martin Maeller, Matthias Esch, Merlin James, Michael Dreyer, Michael Müller, Paul Klee, Rolf-Gunter Dienst, Vlado Martek, Wolfgang Betke
Kurator: Gerrit Gohlke
"Habe ich nur im Netz gesehen, aber tolles Projekt!". Eine erfolgreiche Ausstellung, kann man inzwischen sagen, wird zwar auch an Besucherzahlen gemessen, findet aber nicht mehr am Ausstellungsort statt. Sie ereignet sich anderswo. In sozialen Medien, Presseerklärungen, Bildern der Bilder, die sich verschicken lassen und im schnellen, fokussierten Gespräch über die zentralen Thesen des Projekts. 1/1 zeigt dagegen nur ein Bild am Tag. Jeden Tag ein anderes, und wir veröffentlichen keine Pressebilder. Damit gibt es uns faktisch nicht. Wir sind für einige Tage nicht existent. Wenn Sie uns aber besuchen, haben Sie die Möglichkeit, die Zeit eines ganzen Ausstellungsbesuches in ein einziges Exponat zu investieren.
2013 hatte der BKV Potsdam "Anonymous" gezeigt, ein Projekt in dem sämtliche Künstlerinnen und Künstler (und auch alle Leihgeber) anonymisiert wurden. Namen, Viten, Preise und Karrieren, nichts davon war zu sehen, und die Ausstellung wuchs alle drei Tage um einige Exponate an. Bis heute verraten wir nicht, wer da ausgestellt hat, obwohl die Positionen den Erfolgsgradmesser Prominenz durchaus erfüllten.
Davon ausgehend und zur jährlich wiederkehrenden Weltkunstmesse "Art Basel" fanden wir, dass es vielleicht darauf ankäme, auf das zweite Problem hinzuweisen, das den Kunstbetrieb ständig deformiert: Den Zwang zur medialen Verfügbarkeit der Werke, der Druck eine kompakte, im Nu konsumierbare Masse in einer Ausstellung zu erzeugen. Das Betriebsgesetz, eine Ausstellung müsse eine sofort zu reproduzierende These, ein in E-Mails schnell weiterzureichendes Paket von Informationen sein. Über eine Ausstellung muss man möglichst schnell an möglichst vielen Orten der Welt reden können, scheint uns das implizit unterstellte Ziel unserer Arbeit zu sein.
1/1 ist keine Lösung, nicht einmal mehr ein Kommentar. Aber das Projekt ist, mag es trotzig erscheinen, auch nicht resignativ. Es ist eine Belustigung und ein Panic Room, ein Schutzraum zum Rückzug vor dem übermächtigen Angreifer vor der Tür. Wir bieten ein gläsernes Asyl, eine durchsichtige Burg gegen das Palaver. Wir stellen Bilder aus, von denen es keine Bilder gibt. Pressebilder, werte Medienvertreter sind aus, es gibt nur ein Bild, und es ist jeden Tag ein anderes.
Jeden Tag ein anderes Bild zu zeigen, 16 Ausstellungstage lang, heißt, einen fast leeren Raum ertragen zu müssen, in dem man nicht wandern, flanieren, Perspektiven wechseln, sondern nur ein Bild betrachten kann. Gefällt es, setzt es sich in der Reflexion fest, gibt es zu denken, lässt es nicht mehr los... kann man es nicht liken, in sozialen Medien teilen, versenden oder kopieren. Man kann davon erzählen. Oder es sich merken. Sich daran erinnern. Wieder kommen und ein anderes Bild betrachten.
Und wer wird kommen? Für ein Bild? Ein interessantes Experiment. Fahren Sie, sagen wir, 20 Minuten Bahn, steigen Sie auf Ihr Fahrrad, laufen Sie durch die Stadt, um... ein Bild zu sehen? Das die meisten anderen Menschen mutmaßlich nicht gesehen haben? Kommen nur Passanten, die sowieso da sind oder die mit anderen Absichten kamen? Löst ein Bild Verärgerung aus, weil kein anderes da ist, dem man sich nervös zuwenden kann, wenn man im ersten nichts mehr entdeckt?
Wird das eine ärgerliche Ausstellung? Herrscht im Panic Room Langeweile oder die Genugtuung entronnen zu sein. Sind wir eine Wartehalle oder eine Kammer zur Steigerung der Konzentration? Wir wissen es nicht. Wir sind der Kunstverein ohne Vertrauen in die Macht kuratorischer Thesen. Wir glauben an Experimente ohne doppelten Boden. Wir wollten einfach ein Bild aufhängen. Täglich. Es hat sich möglicherweise einfach nur gut angefühlt.
Bei der diesjährigen Art Basel wurden viele Schlüsselwerke in den ersten Stunden verkauft. Die große Sichtbarkeit im Weltmaßstab hat die Messe zu einer ihrer erfolgreichsten Ausgaben seit ihrem Bestehen mit außerordentlichen Umsätzen werden lassen, heißt es in der Abschlusspresseerklärung der Messegesellschaft. Randpositionen, schwierige Werke, kleine Formate waren dort fast nicht mehr zu sehen. Wir bieten ihnen ein paar Tage Asyl.
Ausstellungsinformation mit Informationen zu allen Werken:
Ausstellungstexte zu den einzelnen Werken (die Informationstexte verblieben in der Ausstellung - als Archiv und Gedächtnisstütze - und zeigten oben links maßstäblich die Größe und Proportion des gezeigten Werkes):
28.06. - Merlin James: Bird House, 2008 - Acryl und Mixed Media auf Leinwand - 18 x 22 cm
01.07. - Vlado Martek: Artists in a Cage, 1976/1999 - Fotografie und Typoskript) - 72 x 42 cm (gerahmt)
02.07. - Frank Nitsche: HOR-39-2015, 2015 - Öl auf Leinwand - 51 x 44,3 cm
03.07. - Jochen Dehn: Clementine / RTP, 2015 - Bleistift auf Papier - 75 x 50 cm
04.07. - Irma Blank: Osmotic Drawings C-3, 2011 - Acryl auf Papier - 23,7 x 16,7 cm
05.07. - Rolf-Gunter Dienst: Momentetagebuch 2.3.1963, 1963 - 83,5 x 63 cm (gerahmt)
08.07. - Fiene Scharp: o.T., 2011 - Haar, Graphit, Klebeband auf Papier - 64 x 54 cm
09.07. - Michael Dreyer: ohne Titel, 2010 - Tinte auf Leinwand - 180 x 140 cm
10.07. - Matthias Esch: Sonne (Mond), 2015 - Öl auf Leinwand - 30 x 25 cm
11.07. - Dieter Krieg: Spiegelei, 1995 - Acryl auf Acrylglas - 95 x 200 cm
15.07. - Martin Maeller: im äther hantieren, 2015 - Öl auf Holz, 33 x 21 cm
16.07. - Britta Lumer: ohne Titel, 2015 - Chlor und Kohle auf Leinwand, 73 x 60 cm
17.07. - Wolfgang Betke: Stand Humanismus, 2015 - Mischtechnik auf Leinwand, 60 x 50 cm
18.07. - Bertold Mathes: Booking-4, 2013 - Öl auf Leinwand, 30 x 24 cm
19.07. - Paul Klee: der Strand bei Beg Meil, 1928 - Feder und Aquarell auf Papier, 30 x 46 cm