Brandenburgischer Kunstverein

Eberhard Havekost

11 Mar 2012

EBERHARD HAVEKOST
Endless
11.02 - 25.03.2012

Nachdem Frank Nitsche im Dezember eine Aufsehen erregende Installation im Brandenburgischen Kunstverein eröffnet hat, die seine Malerei in einen direkten Bezug zum Gartendenkmal Freundschaftsinsel setzt, freuen wir uns, Ihnen nun Eberhard Havekosts Antwort auf dieses Projekt präsentieren zu dürfen.

Dabei wird Havekost auf der Innenseite von Nitsches Ausstellungsarchitektur neue Arbeiten zeigen, die sich mit dem Verhältnis von Bild und Bedeutung auf ganz andere Weise auseinandersetzen. "Endless" nimmt dabei direkt auf Nitsches risikofreudiges Experiment Bezug. Wo in HELLO CHINA Architektur, Natur und Bildoberfläche ein Wechselverhältnis eingehen, wenn die Bildoberflächen Architekturzitate andeuten und die Insel zur Bühne für eine malerische Gegenwelt wird, zieht Eberhard Havekost sich in den Ausstellungsraum zurück und nimmt eine Gegenperspektive ein.

Auf der Rückseite der großformatigen, den Außenraum reflektierenden Tafeln Nitsches, hängt Havekost zwei Serien an die Wand, die das Publikum zur Mauerschau einladen. Auf ungleich kleinerem Format (ein fernsehgeschultes Publikum könnte sich an die Flatscreens erinnert fühlen, die heute die Wohnzimmer beherrschen und bei Havekost gelegentlich zum Bildmotiv werden) wird ein Assoziationsgeflecht aus Naturwahrnehmungen geknüpft. Kunstgeschichte, private Fotopraxis, Stereotype medialer Naturdarstellung lassen sich nicht mehr unterscheiden, wenn die Besucher im gläsern transparenten Pavillon des Kunstvereins vor einem temporären Wandeinbau stehen und eine imaginäre Außenwelt betrachten, die an Wolkengestalten und die Farbreflexe von Sonnenuntergängen erinnert.

Doch was ist zu sehen? Natur? Oder ertappen uns die Bilder nur bei unserer Sehnsucht nach dem unverfälscht Schönen und einem unmittelbaren Verhältnis zur Welt? Und welchen Standpunkt nehmen sie gegenüber der Flut medialer Naturabbildungen ein? Schaffen sie das Super-Bild, in dem alle Bilder aufgehen und verschwimmen? Oder lösen sie die Bildpartikel unserer eigenen Alltagswahrnehmung aus dem Zusammenhang und schaffen so einen ewigen Zirkel zwischen den Bildspeichern auf unseren Festplatten und der Leinwand, die sich als undefinierbares Zwischenbild zwischen uns und alle äußeren Bezüge schiebt?

Eberhard Havekost stellt im Gleichklang mit Frank Nitsche die Frage nach Bezug und Bedeutung malerischer Bilder – und nach ihrer Erklär- und Vergleichbarkeit. Und so erscheint seine Serie "The End" in dieser Ausstellung gleich zweimal. Einmal als direkter Blick auf kumulierend auf der Bildfläche aufgetürmte Farbspektren, die der Naturfotografie entlehnt sein könnten. Ein anderes Mal diffus, als seien die bemalten Leinwände durch Abdruck- oder Abriebspuren verschleiert worden. Einem Experiment mit zwei Untersuchungsdurchläufen ähnlich, ist "The End" wiederholbar. Und wie in der Installation HELLO CHINA tritt auch bei Havekost das Bild als Membran zwischen innere und äußere Realität.

Wie durchlässig der Blick auf die Wand und durch die Gemälde werden kann, ist die offene Frage dieses Versuchsaufbaus. Um das Experiment auf die Spitze zu treiben, hat Havekost "The End" eine Kontrollgruppe völlig andersartiger Bilder gegenüber gehängt. Was dort als scheinbares Geflecht gestischer Spuren an den Schönheitssinn appelliert, ist in Wahrheit ein tückisches Spiel mit Zufallsspuren und ihrer nachträglichen Verwandlung in interpretierbare Komposition.

Und so stellt sich am Ende die Frage nach dem Kern der Malerei zwischen Nitsche und Havekost noch einmal neu: Wer entscheidet eigentlich über die Bilder? Die Antwort ist "endless". Wer mit dem neuen Innenleben der HELLO CHINA-Installation fertig ist, kann draußen bei Nitsche von vorn anfangen. Und findet dort doch keine abschließende Antwort, die sich drinnen mit Havekost nicht völlig neu untersuchen ließe.
 

Tags: Eberhard Havekost, Frank Nitsche