Unechte Landschaft
29 Jul - 20 Sep 2015
UNECHTE LANDSCHAFT
Ein Garten im Garten
29 Juli - 20 September 2015
Künstler: Akiyoshi Mishima, Diana Thater, Hiroki Tsukuda, Hiroko Yamaji, Jan Henle, Jana Sterbak, Katharina Jahnke, Soshi Matsunobe, Toshio Shibata, Yukio Nakagawa
Kurator: Gerrit Gohlke, Wilhelm Schürmann
Dem Vernehmen nach ist das Paradies, aus dem wir vertrieben wurden, ein Garten gewesen. Und weil vielen die Gegenwart nicht hinreichend paradiesisch erscheint, wünschen sie sich wenigstens eine von Hecken eingehegte Harmonie, unter der die Widersprüche verschwinden. Parterres, in denen Ordnung herrscht, und Bosketten, zwischen denen sich wandeln lässt. Je unruhiger und widersprüchlicher die Zeit, desto größer die Hoffnung auf eine kultivierte Behaglichkeit ohne Widerhaken.
Solche Gärten werden indes nicht nur von Gärtnern angelegt. Immer häufiger wird an Kunst die Erwartung herangetragen, sie sei ein besonders ertragreiches Nutzgewächs, eine Art Kombinationszüchtung mit vervielfachtem Fruchtertrag: Exotisch, authentisch und widerspruchsfrei, schnell zu verzehren und hilfreich für ein kreatives Mikroklima.
"Unechte Landschaft" ist so gesehen die leise Formulierung eines stillen und entspanntem Aufbegehrens. Unser künstlicher Garten versammelt Werke, in denen das Natürliche gemacht, die Tradition konstruiert und die Schönheit nur als experimentell zusammengefügte Chimäre, als Hybrid denkbar ist.
"Unechte Landschaft" (Kasansui) ist ein Begriff, der auch den japanischen Steingarten beschreibt. Der (bis auf Moos als eine Art symbolisches Medium) pflanzenlose Steingarten ist ein Paradox. Er bildet die Natur nicht nach. Er symbolisiert sie, imitiert ihre inneren Verhältnisse, statt ihr Äußeres abzubilden. Authentizität und schnelles Behagen ist ihm nichts, Einsicht in das Unsichtbare alles. Zu sehen ist weder die lenkende Hand noch eine im Vorbeigehen abrufbare Harmonie.
So gesehen ist "Unechte Landschaft" ein Projekt kuratorischer Bescheidenheit. Die Ausstellung verlangt Aufmerksamkeit für das Gemachte, Einverständnis mit der Verzögerung statt schnell verfügbare Thesen zu liefern oder Kunst zum beiläufig abzuhakenden Hintergrund ästhetischer Naherholung zu machen. Aus diesem Hort merkwürdiger Rekombinationen vermittelt sich auch kein Wissen. Er ist ein Spiel ohne Pointe und ohne Schlüsselbegriff für eine pädagogisch angeleitete Decodierung.
Ein Garten im Garten
29 Juli - 20 September 2015
Künstler: Akiyoshi Mishima, Diana Thater, Hiroki Tsukuda, Hiroko Yamaji, Jan Henle, Jana Sterbak, Katharina Jahnke, Soshi Matsunobe, Toshio Shibata, Yukio Nakagawa
Kurator: Gerrit Gohlke, Wilhelm Schürmann
Dem Vernehmen nach ist das Paradies, aus dem wir vertrieben wurden, ein Garten gewesen. Und weil vielen die Gegenwart nicht hinreichend paradiesisch erscheint, wünschen sie sich wenigstens eine von Hecken eingehegte Harmonie, unter der die Widersprüche verschwinden. Parterres, in denen Ordnung herrscht, und Bosketten, zwischen denen sich wandeln lässt. Je unruhiger und widersprüchlicher die Zeit, desto größer die Hoffnung auf eine kultivierte Behaglichkeit ohne Widerhaken.
Solche Gärten werden indes nicht nur von Gärtnern angelegt. Immer häufiger wird an Kunst die Erwartung herangetragen, sie sei ein besonders ertragreiches Nutzgewächs, eine Art Kombinationszüchtung mit vervielfachtem Fruchtertrag: Exotisch, authentisch und widerspruchsfrei, schnell zu verzehren und hilfreich für ein kreatives Mikroklima.
"Unechte Landschaft" ist so gesehen die leise Formulierung eines stillen und entspanntem Aufbegehrens. Unser künstlicher Garten versammelt Werke, in denen das Natürliche gemacht, die Tradition konstruiert und die Schönheit nur als experimentell zusammengefügte Chimäre, als Hybrid denkbar ist.
"Unechte Landschaft" (Kasansui) ist ein Begriff, der auch den japanischen Steingarten beschreibt. Der (bis auf Moos als eine Art symbolisches Medium) pflanzenlose Steingarten ist ein Paradox. Er bildet die Natur nicht nach. Er symbolisiert sie, imitiert ihre inneren Verhältnisse, statt ihr Äußeres abzubilden. Authentizität und schnelles Behagen ist ihm nichts, Einsicht in das Unsichtbare alles. Zu sehen ist weder die lenkende Hand noch eine im Vorbeigehen abrufbare Harmonie.
So gesehen ist "Unechte Landschaft" ein Projekt kuratorischer Bescheidenheit. Die Ausstellung verlangt Aufmerksamkeit für das Gemachte, Einverständnis mit der Verzögerung statt schnell verfügbare Thesen zu liefern oder Kunst zum beiläufig abzuhakenden Hintergrund ästhetischer Naherholung zu machen. Aus diesem Hort merkwürdiger Rekombinationen vermittelt sich auch kein Wissen. Er ist ein Spiel ohne Pointe und ohne Schlüsselbegriff für eine pädagogisch angeleitete Decodierung.