Sex Smells
02 Sep - 06 Nov 2016
SEX SMELLS
Körper und Geruch im 21.Jahrhundert
02 September – 06 November 2016
Kuratiert von: Jennifer Bork
Der Kunstverein Wolfsburg entwickelt jedes Jahr ein Jahresthema mit Bezug zu aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen. Im Jahr 2016 lautet es „Sexualität in der digitalisierten Kultur”. Die Ausstellung „Sex Smells“ möchte in einer Gegenbewegung dieses Thema erfahrbar machen und widmet sich einem Bereich, der in der visuell konditionierten Digitalkultur – trotz intensiver Bemühungen auf dem Gebiet der „Digital Scent Technology“ – noch weitgehend inexistent ist: dem Geruch.
Geruch und Sexualität bilden eine untrennbare Einheit. Vermutlich entscheidet sich unsere Partnerwahl sogar zum größeren Teil über den Körpergeruch. Dating-Plattformen im Netz, die auf visuelle Reize fokussiert sind, haben dennoch einen hohen Zulauf. Zeitgleich wird individueller Körpergeruch immer mehr zu einem gesellschaftlichen Tabu. Obwohl die Antitranspirante unter den Deodorants aufgrund ihrer Krebsgefahr in der Medienkritik stehen, werden sie nach wie vor angeboten und gekauft. Warum? Stellt Schweiß eine Bedrohung für das geschlossene, optimierte Körperbild unser zeitgenössischen Gesellschaft dar? Durch Antitranspirante entsteht Geruch nur noch in sehr geringem Maße, sie wirken wie eine Versiegelung. Unsere Geruchsidentität wird damit kontrollier- und formbar. Doch verzichten wir durch den Versuch den eigenen Körpergeruch auszuschalten oder vollkommen umzucodieren freiwillig auf eine komplexere Form der Kommunikation? Wird die Erfahrungswelt unserer auf den Sehsinn konzentrierte Zeit gekennzeichnet von Oberflächenfixiertheit und damit eindimensional? Die Bilderflut der Digitalkultur könnte jedenfalls durch die Abwesenheit des Duftes zu einer Abwesenheit des Geschichtenerzählens werden. Diese Verbindung zieht der Philosoph Byung Chul Han 2009 in seinem Essay „Duft der Zeit“: „Die Erzählung lässt die Zeit duften. Die Punkt-Zeit ist dagegen eine Zeit ohne Duft. Die Zeit beginnt zu duften, wenn sie eine Dauer gewinnt, wenn sie eine narrative Spannung oder eine Tiefenspannung erhält [...].“
Gerade der Duft des Körpers transportiert Intimität und Nähe, er berührt uns unmittelbar. Das Ausstellungsprojekt bringt zeitgenössische Positionen zusammen, die sich diesem Geruch und dem ästhetischen Umgang mit Körperflüssigkeiten widmen. Dabei wird nicht nur unsere Körperwahrnehmung im Spannungsfeld von Ekel und Anziehung untersucht, der Besucher wird auch angehalten, sich auf eine andere Form der Wahrnehmung einzulassen. Der Titel der Ausstellung Sex smells ist damit sowohl der Werbeformel Sex sells entgegengerichtet, rekurriert aber auch auf die Konstruktion von (Geschlechter-)identität (engl.: sex), die zu einem Großteil über Geruch funktioniert.
KünstlerInnen: Julia Barbee, Peter de Cupere, Sarah Schönfeld, Clara Ursitti
Körper und Geruch im 21.Jahrhundert
02 September – 06 November 2016
Kuratiert von: Jennifer Bork
Der Kunstverein Wolfsburg entwickelt jedes Jahr ein Jahresthema mit Bezug zu aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen. Im Jahr 2016 lautet es „Sexualität in der digitalisierten Kultur”. Die Ausstellung „Sex Smells“ möchte in einer Gegenbewegung dieses Thema erfahrbar machen und widmet sich einem Bereich, der in der visuell konditionierten Digitalkultur – trotz intensiver Bemühungen auf dem Gebiet der „Digital Scent Technology“ – noch weitgehend inexistent ist: dem Geruch.
Geruch und Sexualität bilden eine untrennbare Einheit. Vermutlich entscheidet sich unsere Partnerwahl sogar zum größeren Teil über den Körpergeruch. Dating-Plattformen im Netz, die auf visuelle Reize fokussiert sind, haben dennoch einen hohen Zulauf. Zeitgleich wird individueller Körpergeruch immer mehr zu einem gesellschaftlichen Tabu. Obwohl die Antitranspirante unter den Deodorants aufgrund ihrer Krebsgefahr in der Medienkritik stehen, werden sie nach wie vor angeboten und gekauft. Warum? Stellt Schweiß eine Bedrohung für das geschlossene, optimierte Körperbild unser zeitgenössischen Gesellschaft dar? Durch Antitranspirante entsteht Geruch nur noch in sehr geringem Maße, sie wirken wie eine Versiegelung. Unsere Geruchsidentität wird damit kontrollier- und formbar. Doch verzichten wir durch den Versuch den eigenen Körpergeruch auszuschalten oder vollkommen umzucodieren freiwillig auf eine komplexere Form der Kommunikation? Wird die Erfahrungswelt unserer auf den Sehsinn konzentrierte Zeit gekennzeichnet von Oberflächenfixiertheit und damit eindimensional? Die Bilderflut der Digitalkultur könnte jedenfalls durch die Abwesenheit des Duftes zu einer Abwesenheit des Geschichtenerzählens werden. Diese Verbindung zieht der Philosoph Byung Chul Han 2009 in seinem Essay „Duft der Zeit“: „Die Erzählung lässt die Zeit duften. Die Punkt-Zeit ist dagegen eine Zeit ohne Duft. Die Zeit beginnt zu duften, wenn sie eine Dauer gewinnt, wenn sie eine narrative Spannung oder eine Tiefenspannung erhält [...].“
Gerade der Duft des Körpers transportiert Intimität und Nähe, er berührt uns unmittelbar. Das Ausstellungsprojekt bringt zeitgenössische Positionen zusammen, die sich diesem Geruch und dem ästhetischen Umgang mit Körperflüssigkeiten widmen. Dabei wird nicht nur unsere Körperwahrnehmung im Spannungsfeld von Ekel und Anziehung untersucht, der Besucher wird auch angehalten, sich auf eine andere Form der Wahrnehmung einzulassen. Der Titel der Ausstellung Sex smells ist damit sowohl der Werbeformel Sex sells entgegengerichtet, rekurriert aber auch auf die Konstruktion von (Geschlechter-)identität (engl.: sex), die zu einem Großteil über Geruch funktioniert.
KünstlerInnen: Julia Barbee, Peter de Cupere, Sarah Schönfeld, Clara Ursitti