Waffle Falling Over
12 May - 06 Aug 2017
Matthias Fritsch
Techno-Viking Archive, 2000-2014, verschiedene Materialien, Technoviking Skulptur, Einzelstück von Shinya
Techno-Viking Archive, 2000-2014, verschiedene Materialien, Technoviking Skulptur, Einzelstück von Shinya
WAFFLE FALLING OVER
Internetmeme – Kulturalisierung des Gewöhnlichen
12 May – 06 August 2017
Kuratiert Von: Jennifer Bork
KünstlerInnen: Matthias Fritsch, Lauren Kaelin, Johnny Koch, Eva + Franco Mattes, Anahita Razmi, Molly Soda
Die Ausstellung widmet sich im Zusammenhang mit Kulturalisierung dem Erscheinen von Memen im Internet. Meme sind im Hinblick auf eine aktuelle Debatte zur Kulturalisierung interessant, da sie prototypisch zeigen, wie sich „die Logik des kulturellen (künstlerischen) Feldes [sich] auf spezifische Weise auf die gesamte Gesellschaft ausgedehnt hat“ (Andreas Reckwitz). Oder doch zumindest auf die Netzgesellschaft. Ursprünglich aus der Begriffsschöpfung des Evolutionsbiologen Richard Dawkins abgeleitet, beschrieb das Mem eine kleine, kulturelle Einheit, die durch Imitation (Mimesis) weitergegeben wird. Der Begriff fungierte bei Dawkins, analog zum Begriff des Gens, als Grundlage für eine kulturelle Evolution. Im frühen 21. Jahrhundert erfährt der Begriff im Internet eine Renaissance. Die israelische Kommunikations-wissenschaftlerin Limor Shifman hat 2014 mit „Memes in Digital Culture“ die Bedeutung von Internetmemen im Gesamtzusammenhang aktueller Gesellschaftsprozesse untersucht und führt die akademische Begriffsverwendung mit der populären zusammen: „Meme scheinen zwar triviale Artefakte zu sein, tatsächlich spiegeln sie aber tiefe gesellschaftliche und kulturelle Strukturen wider.“ Ihre Diversität spielt sich zwischen oberflächlich-humorvollem Content (z. B. LoLCats) und dem Ausdruck der Verfestigung gesellschaftlicher Stereotypen ab.
Neben bekannten Memhubs wie Redding oder Blog-Plattformen wie Tumblr spielt auch die Broadcasting-Plattform Youtube eine besondere Rolle im Zusammenhang mit Memen, da diese ursprünglich zu einem Großteil auf nutzergenerierten Inhalten basiert. Diese scheinen in besonderer Weise zur Nachahmung und Partizipation anzuregen, da sie vor allem auf den Aspekt des Gewöhnlichen und auf Einfachheit fokussiert sind. Sie zeigen gewöhnliche Menschen und gewöhnliche Handlungen und Ereignisse, die beliebig imitierbar sind. Neben Formaten wie "Get ready with me (GRWM)", bei denen die zumeist weiblichen Protagonisten ihre Make-up-Produkte in die Kamera halten und sie benutzen und dabei von Erlebnisse ihres Alltags berichten sind dies auch inszenierte, inhaltslos erscheinende Alltagsbegebenheiten. Ein Beispiel hierfür ist das titelgebende Internetmem „Waffle falling over“ von 2013, das eine Waffel zeigt, die auf einer Herdplatte steht und nach vorne fällt. Nichts weiter geschieht. Das Video ist sehr häufig variiert, kopiert oder parodiert worden. So werden beispielsweise weitere konzeptuelle, künstlerische Strategien auf die Waffel angewandt, indem die „Handlung“ auf 10 Stunden ausgedehnt wird. Die Kulturleistung besteht im Remixen bekannter künstlerischer Strategien. Die Verbreitung erfolgt von User zu User. Dies führt zum einen zu einer Erweiterung der sozialen Basis von Kultur, zum anderen zur Verflachung kultureller Inhalte im Netz.
Die Ausstellung bringt Positionen zusammen, die sich Aspekten der zeitgenössischen Erscheinung der Meme annähern und damit Strategien dieser Erscheinungsform in einem künstlerischen Zusammenhang reflektieren. Dabei werden explizit Fragen nach einem inhaltlichen Vakuum der, in letzter Zeit, vielzitierten, Post-Internet-Ära gestellt, sowie Probleme der Kommerzialisierung ursprünglich demokratiefördernder Prozesse behandelt.
Internetmeme – Kulturalisierung des Gewöhnlichen
12 May – 06 August 2017
Kuratiert Von: Jennifer Bork
KünstlerInnen: Matthias Fritsch, Lauren Kaelin, Johnny Koch, Eva + Franco Mattes, Anahita Razmi, Molly Soda
Die Ausstellung widmet sich im Zusammenhang mit Kulturalisierung dem Erscheinen von Memen im Internet. Meme sind im Hinblick auf eine aktuelle Debatte zur Kulturalisierung interessant, da sie prototypisch zeigen, wie sich „die Logik des kulturellen (künstlerischen) Feldes [sich] auf spezifische Weise auf die gesamte Gesellschaft ausgedehnt hat“ (Andreas Reckwitz). Oder doch zumindest auf die Netzgesellschaft. Ursprünglich aus der Begriffsschöpfung des Evolutionsbiologen Richard Dawkins abgeleitet, beschrieb das Mem eine kleine, kulturelle Einheit, die durch Imitation (Mimesis) weitergegeben wird. Der Begriff fungierte bei Dawkins, analog zum Begriff des Gens, als Grundlage für eine kulturelle Evolution. Im frühen 21. Jahrhundert erfährt der Begriff im Internet eine Renaissance. Die israelische Kommunikations-wissenschaftlerin Limor Shifman hat 2014 mit „Memes in Digital Culture“ die Bedeutung von Internetmemen im Gesamtzusammenhang aktueller Gesellschaftsprozesse untersucht und führt die akademische Begriffsverwendung mit der populären zusammen: „Meme scheinen zwar triviale Artefakte zu sein, tatsächlich spiegeln sie aber tiefe gesellschaftliche und kulturelle Strukturen wider.“ Ihre Diversität spielt sich zwischen oberflächlich-humorvollem Content (z. B. LoLCats) und dem Ausdruck der Verfestigung gesellschaftlicher Stereotypen ab.
Neben bekannten Memhubs wie Redding oder Blog-Plattformen wie Tumblr spielt auch die Broadcasting-Plattform Youtube eine besondere Rolle im Zusammenhang mit Memen, da diese ursprünglich zu einem Großteil auf nutzergenerierten Inhalten basiert. Diese scheinen in besonderer Weise zur Nachahmung und Partizipation anzuregen, da sie vor allem auf den Aspekt des Gewöhnlichen und auf Einfachheit fokussiert sind. Sie zeigen gewöhnliche Menschen und gewöhnliche Handlungen und Ereignisse, die beliebig imitierbar sind. Neben Formaten wie "Get ready with me (GRWM)", bei denen die zumeist weiblichen Protagonisten ihre Make-up-Produkte in die Kamera halten und sie benutzen und dabei von Erlebnisse ihres Alltags berichten sind dies auch inszenierte, inhaltslos erscheinende Alltagsbegebenheiten. Ein Beispiel hierfür ist das titelgebende Internetmem „Waffle falling over“ von 2013, das eine Waffel zeigt, die auf einer Herdplatte steht und nach vorne fällt. Nichts weiter geschieht. Das Video ist sehr häufig variiert, kopiert oder parodiert worden. So werden beispielsweise weitere konzeptuelle, künstlerische Strategien auf die Waffel angewandt, indem die „Handlung“ auf 10 Stunden ausgedehnt wird. Die Kulturleistung besteht im Remixen bekannter künstlerischer Strategien. Die Verbreitung erfolgt von User zu User. Dies führt zum einen zu einer Erweiterung der sozialen Basis von Kultur, zum anderen zur Verflachung kultureller Inhalte im Netz.
Die Ausstellung bringt Positionen zusammen, die sich Aspekten der zeitgenössischen Erscheinung der Meme annähern und damit Strategien dieser Erscheinungsform in einem künstlerischen Zusammenhang reflektieren. Dabei werden explizit Fragen nach einem inhaltlichen Vakuum der, in letzter Zeit, vielzitierten, Post-Internet-Ära gestellt, sowie Probleme der Kommerzialisierung ursprünglich demokratiefördernder Prozesse behandelt.