Mark Müller

Christine Streuli

01 Sep - 13 Oct 2012

Exhibition view • Christine Streuli, «One Piece Jump In», 2012
CHRISTINE STREULI
One Piece Jump In
1 Sep – 13 Oct 2012

Ein Ikonenbild im Eingangsbereich der Galerie Mark Müller leitet in die Ausstellung «One Piece Jump In» von Christine Streuli ein. Das kleinformatige Abbild, nach Vorlage einer Pietà von El Greco, scheint sich durch die angewandte Technik des Abklatsches zu zersetzen und ist von einem verführerischen Strahlenkranz umgeben.
Verführerisch und reizvoll in Farbigkeit, Opulenz, Dynamik und einer unüberblickbaren Fülle an gestalterischen Techniken präsentieren sich auch die weiteren, meist grossformatigen Werke der Ausstellung. Christine Streuli bedient sich in ihrer mehrschichtigen Malerei einer breiten Palette an Mal- und Vervielfältigungsverfahren – Acryl-, Lack- und Sprayfarbe, sowie Collage-, Frottageund Schablonentechnik – und schöpft von einem breiten Fundus an Formen und Motiven. Das dichte Neben- und Übereinander führt hin zu einer Auflösung der Einordbarkeit der Bildgründe. Eine Zersetzung, wie sie das Heiligenbild im Eingang „prophezeit“ hat.
Nicht nur die Lagen lösen sich ineinander auf, auch die Assoziationen, die beim Betrachten unweigerlich entstehen, überschlagen sich immer wieder von Neuem.
Im Werk «Don Juan» – der Inbegriff der Verführkunst – entdeckt man ein Tortengussmotiv, das sich sogleich zu einer Art Neonschrift aufbäumt, um sich weiter zu arabesken Kringeln zu formen. Das Zeichenrepertoire, dessen Streuli sich in ihren neuen Werken bedient, ist reich an kunstgeschichtlichen Zitaten und Alltagsmotiven aus der Werbung, der Digitalwelt und der Unterhaltungsindustrie. Es sind Sinnbilder der globalisierten Welt, nicht nur in ihrer Erscheinung, sondern auch in ihrer Kombination und Komposition der Überreizung und des Überangebots. Laut, bunt und werberisch – doch wofür wird hier geworben? Wohl für die unerschöpflichen Möglichkeiten von Streulis malerischem Vokabular.
Man kennt Streulis ornamentale Bildwelten, in denen sie Spiegelungen, Symmetrien und rapportartige Ordnungen orchestrierte. Mit den angedeuteten Schriften, kommt nun eine narrativere Ebene hinzu, wie sie in der kleinformatigen Dreierserie «ABC» thematisiert wird. Der hier abgebildete, abstrahierte Pinselstrich tritt in weiteren Arbeiten unverzerrt als das Motiv des bekannten «Brushstrokes» von Roy Lichtenstein auf. In seinen neu geschwungenen Formen erinnert er an handschriftliche Buchstaben. Weit entfernt von einem zu entschlüsselnden Alphabet jedoch, stellen diese lediglich sich selber und Streulis Umgang mit Zeichen dar.
Im zweiten Raum setzt die Arbeit «Frank» mit seinem an Billboards erinnernden, übergrossen Format von 3 auf 6 Metern einen fulminanten Höhepunkt der Ausstellung. Aus dem Zentrum heraus strudeln die abstrahierten Pinselstriche, ein Patisseriehäubchen explodiert zu einem Airbrush-Schriftbild, das sich an anderer Stelle säuberlich zu einer herzförmigen Lebkuchenverzierung kringelt. Immer gleiche, kreisrunde Früchte fliegen vor dem Hintergrund aus batikartig bedruckten Papieren, düsteren Wolken, Planeten und schwungvollen Regenbogen. Ein ganzes Universum in einem Bild – one piece. Jump in!

Julia Schmidt
 

Tags: Roy Lichtenstein, Julia Schmidt, Christine Streuli