Meyer Kainer

Heimo Zobernig

04 Sep - 05 Oct 2013

© Heimo Zobernig
Ohne Titel, 2013
Acryl auf Leinwand
100 x 100 cm
MARCIN MACIEJOWSKI
4 September - 5 Oktober 2013

Heimo Zobernig zeigt in der Galerie Meyer Kainer neue Arbeiten. Was liegt vor? Leider keine Skulptur, so ein zunächst angedachter Ausstellungstitel. Bei Zobernig ist es immer auch interessant zu sehen, was er alles weglässt, selbst bei seiner überraschend vielgestaltigen Produktion für diese Ausstellung, die am Ende doch ohne Titel bleibt. Eine weitere Inspiration war eine Fehlübersetzung (gefunden in einem Einladungsfolder) von Ton Skulptur in sound sculpture statt clay sculpture, die sich nun auf die Motive beziehen lässt. Auf 12 1x1 Meter großen Leinwänden sind unter anderem Variationen auf Picassos Gemälde mit Gitarre zu sehen. Die Gitarre ist ein Objekt, das nicht zuletzt für seine skulpturale Qualität geschätzt wurde, nicht nur von Picasso oder Braque und nicht nur in der Malereigeschichte.

Seit einiger Zeit tauchen in Heimo Zobernigs Arbeiten kurvige Linien auf, die uns unser Wahrnehmungsapparat fast zwangsläufig als Fragmente einer Figuration lesen lässt. Die Linien, die aus darunter liegenden Schichten hervortreten, sind mit Klebeband, das später wieder abgezogen wurde, scharfkantig gesetzt – fast Demarkationslinien zum gestischen Farbauftrag. Sie fallen mal virtuos, mal ungelenk gekrümmt, verknödelt sich kreuzend oder nebeneinander schwingend aus, bisweilen sogar kokett. Sie bilden Saiten, Loch und Körper auf abstraktem Grund, seltener ein Raster, eher Spielarten davon.

Die Entwicklung von der Abstraktion zum Raster zur Auflösung des Rasters in Zobernigs Arbeiten erfährt hier eine neue Wendung. Wenige zusätzliche bildsprachliche Elemente lassen die Variabilität der Zobernigschen Syntax noch einmal exponentiell ansteigen, was in der jetzigen Ausstellung zu einer hochkomplexen Textur der einzelnen Bilder führt. Die früher erprobten Verfahrensweisen werden weniger in der seriellen Reihung, als auf bildimmanente Strukturen angewendet. Austragungsort ist die quadratische Bildfläche, in der sich die einzelnen syntaktischen Module zueinander in Beziehung setzen, wie in einer experimentellen Anordnung mit ambivalentem Ausgang.

Ist die Picasso Paraphrase die Kopie einer Kopie einer Kopie, die immer flacher wird, eine Reinszenierung oder eher eine strukturelle Untersuchung am Objekt der "gelungenen" Komposition? Ergänzend muss gesagt werden, dass nicht nur Picasso aufgerufen wird, sondern insgesamt die Malerei des zwanzigsten Jahrhunderts und ihre Dispute, manchmal mit vorsätzlichen Referenzen, aber auch als ähnliche Neuerfindung. Heimo Zobernig entwickelt seine Kompositionen nicht aus dem Malprozess heraus. Sie stehen von vornherein mehr oder weniger fest. Abstraktion, Figuration, Geste, Linie, Positiv- Negativformen, Struktur und Auflösung. Es ist fast so als mische er seine Bildelemente in einer Petrischale, um zu beobachten, wie sie miteinander reagieren, wobei er meist Kunst auf Kunst treffen lässt. Aus der analytischen und emphatischen Betrachtung von Malerei resultiert seine messerscharfe, visuelle Sprache.

(Text: Anette Freudenberger)
 

Tags: Marcin Maciejowski, Pablo Picasso, Heimo Zobernig