Produzentengalerie

Aussen

05 Jun - 25 Jul 2015

Günther Förg
Title: Moskau - Year: 1996
Material: Gelatine Silber Prints - 40 x 30 cm
Foto ©Peter Sander
AUSSEN
Werner BüTtner / Hubert Kiecol, GüNther FöRg, Christin Kaiser, Thomas SchüTte
5 June - 25 July 2015

Parallel zum »Hamburger Architektur Sommer« präsentiert die Produzentengalerie Hamburg mit der Ausstellung »AUSSEN« vier künstlerische Positionen, die anhand von Zeichnungen, Fotografien, Holzschnitten und Skulptur das Zusammenspiel von Architektur, Kultur und urbaner Kunst von Anbeginn der Moderne bis heute untersuchen.

Die Künstler Werner Büttner, Hubert Kiecol und Günther Förg verband in den 1980er Jahren eine enge künstlerische Zusammenarbeit, die insbesondere die Hamburger Kunstszene prägte.
Die 9-teilige Mappe »Deutsche Städte vor dem Wiederaufbau« entstand 1988 in Kollaboration von Büttner/Kiecol (*1954/*1950) und versinnbildlicht formal die Zerstörung neun großer und mittelgroßer deutscher Städte nach dem Zweiten Weltkrieg, betrachtet aus der Nachkriegsperspektive. Mit einer an Arte Povera erinnernden Materialästhetik repräsentiert jedes einzelne Blatt eine deutsche Stadt mit jeweils einem fragmentarisch angedeuteten repräsentativen Monumentalbau. So stehen architektonisch stellvertretend für Köln der Dom, für Dresden die Frauenkirche, für Hamburg der Michel und die Gedächtniskirche für Berlin.

Die Architektur des 20. Jahrhunderts spielt im Werk von Günther Förg (1952–2013) eine zentrale Rolle beginnend mit den monumentalen Gebäudekörpern der ideologischen Baukunst Italiens. Die Auswahl der zehn präsentierten Fotografien der Mappe »Moskau« entstammt einer visuellen Forschungsreise mit über 1000 Motiven der Architekturlandschaft der modernen russischen Metropole im Jahr 1986.
Förgs Arbeitsweise ist weniger dokumentarischen Charakters als vielmehr eine Entdeckung der Pioniere russischer Architektur der 1920er Jahre. Aus unterschiedlichen Blickwinkeln inszeniert und konserviert er in seinen Fotografien die kubistischen Blöcke, Rundungen, seriellen Fensterbänder, Flächen und den bröckelnden Putz der modernistischen Bauten.
Mit einem subjektiven und von der Schule des Bauhaus geprägten Blick betrachtet er die Relikte des sowjetischen Neuen Bauens und erschafft Dokumente des alltäglichen Blicks auf die Monumente der Moderne.

Den vorangegangenen Arbeiten steht mit Christin Kaiser (*1984) eine junge Position gegenüber, die kürzlich im Kunstverein in Hamburg mit einer Einzelausstellung im Rahmen des Hamburger Arbeitsstipendiums gezeigt wurde. Kaiser thematisiert in ihren Arbeiten die grundlegende Wende in der Kritik der Nachkriegsmoderne und deklariert die Rückbesinnung auf gründerzeitlichen Retro-Chic am Immobilenmarkt. Das »Modell Luckenwalde« hat das Dach des modernistischen Baus der Färbereihalle der Hutfabrik Luckenwalde zum Vorbild. Der expressionistische Industriebau Erich Mendelsohns kommt hier sinnfällig als Hutmodell daher und ist – bezogen auf sein architektonisches Alter – ironisch als »alter Hut« und somit stellvertretend als Synonym für alte Denkweisen zu verstehen. 1
Hinter den zwei analogen schwarz-weiss Barytabzügen unter großzügigen Passepartous, versehen mit dem Zeichen für Denkmalschutz, verbergen sich Dokumentationen historischer Bausubstanz, die nun zu Premiumimmobilien umgewandelt werden.

Bei den zehn Planskizzen auf farbigem Millimeterpapier von Thomas Schütte (*1954) handelt es sich entgegen des ersten planerischen Eindrucks um rekonstruktive Zeichnungen. Während ihrer Entstehung waren sie zur Hälfte in ihrer ursprünglichen Fassung sichtbar, zur anderen Hälfte jedoch nur noch in Form von Abbildungen zugänglich. Der Ausstellungstitel »AUSSEN« ist an den Namen der Mappe angelehnt, die diese zehn Zeichnungen vereint. Der Mappentitel »Für Außen« versteht darunter nicht allein Arbeiten, welche unter freiem Himmel stehen, sondern ebenso Werke, die den Ausstellungsraum als Bedingung ihrer Präsentation verlassen haben (vgl. Hentschel, Martin, Für Aussen – Zehn große Stücke, 1986).
Der ovale Marmortisch mit zwölf gemauerten Sesseln in Hamburg-Niendorf trägt den Titel »Tisch« und ist elf Widerstandskämpfern gewidmet mit jeweiliger Namensnennung an der Stuhllehne. Ein namenloser Stuhl verweist auf einen zukünftigen Widerstandskämpfer. Schüttes Interventionen im öffentlichen Raum sind zum Teil auch als soziale Skulptur zu verstehen. So gewährte »Tisch« die Möglichkeit zur Versammlung und des geselligen Austausches unter Fremden und Freunden.
Die am Rande der Aue platzierte Documenta-Arbeit »Eis«, deren Innenraum eine Eis- und Kaffeetheke beherbergte, schuf Schütte in der Tradition der Pavillon- und Messebauten der 1910er und 1920er Jahre.
Thomas Schütte nahm somit bereits in den 1980er Jahren, in einer Zeit in der »Kunst im öffentlichen Raum« noch vornehmlich auf den Begriff »Kunst am Bau« reduziert war, eine Verschmelzung von Architektur, Skulptur und architektonischem Raum vor. Er ermöglichte den Zugang zu künstlerischer Produktion im urbanen Raum, die den Dialog zwischen Gesellschaft und Kunst fördert.
 

Tags: Werner Büttner, Günther Förg, Hubert Kiecol, Thomas Schütte