Anna Lena Grau "Halbzeug"
11 Jan - 23 Feb 2013
Salzlecksteine in der Schacheröffnung, Medusenwerk im Laminat und andere Choreographien der Formgebung. Anna Lena Grau, 32, Künstlerin aus Hamburg, zeigt vom 11. Januar bis 23. Februar in der Thomas Rehbein Galerie „Halbzeug“ ein eigensinniges Powerplay.
Der Prozess der Materialerkundung, der Formfindung und des Arrangements spielen in der Kunst Anna Lena Graus eine ebenso wichtige Rolle, wie die Sinnigkeit und Schönheit des einzelnen Objekts. In einer traditionellen Glasbläserwerkstatt manierierte Grau traditionelle Weinglasformen in ein Seifenblasenspiel oder in organische Körperlichkeiten, eine Hommage an die Wunderwerke der Glasbläserfamilie Blaschka. Die in- und umeinander gestülpten, mund geblasenen Glaskolben sind zu fragilen, organischen Skulpturen kombiniert. Teils auf barocken Holzkonsolen inszeniert, nehmen sie die Herausforderung an, wie Wunderkammerstücke den Raum zwischen Kunst und Naturwissenschaften zu öffnen. An geröntgte Matruschken oder ein aus der Kontrolle geratenes Möbiusband erinnern die Glasobjekte. Auch in dem neuen Werkzyklus „Medusa“ macht sich das Naturwunder Qualle mit ihrem schleierartigen „Nichtkörper“ als Muse ganz wunderbar. Filigrane Farbformationen schweben in einer Reihe von Objektbildern an der Wand. Farbenfroh und von unerklärlicher Eleganz sind die in Laminat erstarrten Plastiktüten in konstruktivistische Abstraktionen transformiert. Die bunten Enkel des Grossen Duchampschen Glases strahlen gelassen von der Wand, als unprätentiöser, abstrakter Pop dürfen sie Augenschmaus sein.
Plastiktüten, Salzlecksteine, Pflanzenzweige. Manchmal scheint ein einfacher Griff zu reichen, ein Schattenwurf oder eine neue Konstellation, um das Eigentümliche der Formen und Farben freizusetzen. Von Kuhzungen geleckte Salzsteine, Mineralquader zur Nahrungsergänzung von Weidetieren, liegen in der Schacheröffnung „Die moderne Variante“ auf dem schwarz-weißen Spielfeld. Milchig zart bis grobkörnig fleckend verändern sich die Oberflächen der abstrakten Skulpturen, wenn die Mineralien im chemischen Prozess nach außen gedrängt werden. Die Gruppe dieser „natürlichen“ Objekte eröffnet ein neues Spiel der Variationen. Regelhafte Spielzüge sind hier allerdings unterminiert. Zu gern möchte man die weiße Dame ausfindig machen, nur, eine Skulptur hat kein Rollenmuster, -oder?
„Halbzeug“ ist der Titel der Ausstellung, ein Begriff aus der Rohstoffindustrie. Er bezeichnet traditionell die Familie von normierten, industriell vorproduzierten Bauteilen, die für eine Verarbeitung zum Endzweck bereitgestellt werden. Klassiker wäre hier das Auto oder ein Kühlschrank. Eine der ältesten solcher Funktionsformen wird „Uluburun“ herausgegriffen. Statt des wertvollen Handelsrohstoffes Kupfer, hat die Künstlerin allerdings unzählige, bunte und vielförmige Plastikreste in die attraktive Zwischenform der sogenannten Ochsenhautbarren gegossen. Zur Weiterverarbeitung freigegeben steht auf dem Kaufzertifikat der Grauschen Barren. Die Freigabe der künstlerischen Form ist eine kritische wie spielerische und gibt den Ball an alle - allen voraus allerdings dem Käufer von Kunst – weiter.
Aber Vorsicht, es braucht ein feines Gespür lebendige Formen zu schaffen.
(Franziska Glozer, Dezember 2012)
Der Prozess der Materialerkundung, der Formfindung und des Arrangements spielen in der Kunst Anna Lena Graus eine ebenso wichtige Rolle, wie die Sinnigkeit und Schönheit des einzelnen Objekts. In einer traditionellen Glasbläserwerkstatt manierierte Grau traditionelle Weinglasformen in ein Seifenblasenspiel oder in organische Körperlichkeiten, eine Hommage an die Wunderwerke der Glasbläserfamilie Blaschka. Die in- und umeinander gestülpten, mund geblasenen Glaskolben sind zu fragilen, organischen Skulpturen kombiniert. Teils auf barocken Holzkonsolen inszeniert, nehmen sie die Herausforderung an, wie Wunderkammerstücke den Raum zwischen Kunst und Naturwissenschaften zu öffnen. An geröntgte Matruschken oder ein aus der Kontrolle geratenes Möbiusband erinnern die Glasobjekte. Auch in dem neuen Werkzyklus „Medusa“ macht sich das Naturwunder Qualle mit ihrem schleierartigen „Nichtkörper“ als Muse ganz wunderbar. Filigrane Farbformationen schweben in einer Reihe von Objektbildern an der Wand. Farbenfroh und von unerklärlicher Eleganz sind die in Laminat erstarrten Plastiktüten in konstruktivistische Abstraktionen transformiert. Die bunten Enkel des Grossen Duchampschen Glases strahlen gelassen von der Wand, als unprätentiöser, abstrakter Pop dürfen sie Augenschmaus sein.
Plastiktüten, Salzlecksteine, Pflanzenzweige. Manchmal scheint ein einfacher Griff zu reichen, ein Schattenwurf oder eine neue Konstellation, um das Eigentümliche der Formen und Farben freizusetzen. Von Kuhzungen geleckte Salzsteine, Mineralquader zur Nahrungsergänzung von Weidetieren, liegen in der Schacheröffnung „Die moderne Variante“ auf dem schwarz-weißen Spielfeld. Milchig zart bis grobkörnig fleckend verändern sich die Oberflächen der abstrakten Skulpturen, wenn die Mineralien im chemischen Prozess nach außen gedrängt werden. Die Gruppe dieser „natürlichen“ Objekte eröffnet ein neues Spiel der Variationen. Regelhafte Spielzüge sind hier allerdings unterminiert. Zu gern möchte man die weiße Dame ausfindig machen, nur, eine Skulptur hat kein Rollenmuster, -oder?
„Halbzeug“ ist der Titel der Ausstellung, ein Begriff aus der Rohstoffindustrie. Er bezeichnet traditionell die Familie von normierten, industriell vorproduzierten Bauteilen, die für eine Verarbeitung zum Endzweck bereitgestellt werden. Klassiker wäre hier das Auto oder ein Kühlschrank. Eine der ältesten solcher Funktionsformen wird „Uluburun“ herausgegriffen. Statt des wertvollen Handelsrohstoffes Kupfer, hat die Künstlerin allerdings unzählige, bunte und vielförmige Plastikreste in die attraktive Zwischenform der sogenannten Ochsenhautbarren gegossen. Zur Weiterverarbeitung freigegeben steht auf dem Kaufzertifikat der Grauschen Barren. Die Freigabe der künstlerischen Form ist eine kritische wie spielerische und gibt den Ball an alle - allen voraus allerdings dem Käufer von Kunst – weiter.
Aber Vorsicht, es braucht ein feines Gespür lebendige Formen zu schaffen.
(Franziska Glozer, Dezember 2012)