Thomas Rehbein

Bénédicte Peyrat

10 Oct - 15 Nov 2008

Bénédicte Peyrat
Innerer Schweinehund, 2007
Acryl auf Leinwand
250 x 200 cm

Bénédicte Peyrat
Aimable, 2007
Acryl auf Leinwand
250 x 200 cm

Bénedicte Peyrat
Vases, 2007
Acryl auf Leinwand
250 x 200 cm

Bewohner fabelhafter Welten

Märchen, Traum, oder Realität? Gegenwart, Historienbild oder Allegorie? Porträt, Fiktion oder vielleicht fiktives Porträt? Wenn in den Bildern der französischen Malerin Bénédicte Peyrat seltsam geschundene Individuen, oszillierend zwischen Mensch und Kreatur, auf grazile Tiere treffen, sich mit liebevoll ausformulierten Spielzeugen und Miniaturen umgeben oder lediglich in seltsam entrückter Stimmung verweilen, drängen sich dem irritierten Betrachter unmittelbar zahlreiche Fragen auf. Reich mit Attributen ausgestattet und in karger Natur platziert, sind die Figuren zwar in ihrer Bildrealität verortet, für den Betrachter und seinem Begriff von Realität aber nur schwer zu begreifen.

In dieser Diskrepanz äußert sich die Bilddialektik Bénédicte Peyrats, denn während die menschlichen Gestalten in ihrer betont fleischlichen Erscheinung insbesondere in den porträtgleichen Bildern noch als Identifikationsobjekte dienen können, entführen die undefinierbaren Objekte und die in der Bildkonvention bedeutungsschwangeren Tiere, die Dargestellten in eine andere Welt. In dieser scheinen die Figuren Peyrats, ob vor monochromen Hintergrund oder aufwendig inszeniert, Stimmungen und Emotionen zu transportieren, deren Ursprung sich zwar nicht erklärt, den Betrachter jedoch stutzen lassen.
Der dynamische Stil, der grobe Pinselstrich, die derben, aus Farben modellierten Figuren sowie die Darstellungsästhetik insgesamt suggerieren dabei eine historische Perspektive und lassen beispielsweise an die Abkehr von italienischen Schönheitsidealen und den veristischen Anspruch der flämisch-niederländischen Barockmalerei erinnern. Die Radikalität jedoch, mit der Peyrat auf das menschliche Erscheinungsbild zugreift, evoziert den Vergleich mit zeitgenössischen Malern wie Francis Bacon oder Lucian Freud. Ungeschminkt und nackt, auf das wesentliche ihrer Existenz reduziert, wirken die Dargestellten dennoch nicht entblößt, da ungeklärt bleibt, ob und in welcher Realität sie existieren.

Bénédicte Peyrat manipuliert die Gedanken und Assoziationen des Betrachters nicht, indem sie Entschlüsselungshilfen für ihn bereitstellt. Auf der Suche nach Indizien für narrative Bildinhalte helfen selbst die Bildtitel nur selten. Der Kern ihrer Bildwirkung liegt in der eigenwilligen Ästhetik der Bilder, die Peyrats Malerei im kunsthistorischen und zeitgenössischen Kontext nur schwer einordbar macht. Der Reiz ihrer Bildwelt begründet sich in dem spekulativen Raum, den sie eröffnen, sei dieser historischer, lyrischer oder zeitgenössischer Prägung.


(Uta Ruhkamp)

 

Tags: Francis Bacon, Lucian Freud