Joëlle Dubois
17 Jan - 29 Feb 2020
Das technische Artefakt namens Smartphone stellt mit seinem gläsernen Touchscreen die perfekte permeable Digitalmembran zwischen dem öffentlichen und privaten Raum dar. Die ständige Konnektivität der sozialen Medien verwischen diese Grenze zunehmend. Die sich stets multiplizierenden Apps auf dem Homescreen versprechen zumeist soziale Kontakte, zwischenmenschliche Kommunikation und ersehnte Nähe. Auf Dating-Apps entscheidet man im Sekundentakt durch das hastige Wischen nach links oder rechts über Attraktivität, sexuelle und lebensplanerische Kompatibilität. Über audiovisuelle Plattformdienste teilt man dagegen die inszenierte Wunschvorstellung des vereinfachten eigenen Ichs im Angesicht einer gesichtslosen Masse kritisch jede Pose und Mine evaluierender Follower. Dem allem kommt ein Konsens der Nutzer zuvor, die Einwilligung in den gegenwärtigen Tenor von zur Schau gestellter Oberfläche vor angreifbarer Tiefe.
Joelle Dubois verhandelt in ihren Arbeiten vor allem vordergründig die Absurditäten dieses Einzugs der digitalen Welt ins Private und die damit verbundene Selbstdarstellung nach vorangegangener vermeintlicher Selbstoptimierung. Ihre zumeist weiblichen Protagonist*innen sind multiethnischer Herkunft, widersprechen oftmals den normierten Schönheitsidealen, sind - wenn überhaupt - spärlich bekleidet und wägen sich sicher in der Abgeschiedenheit einer farbenfrohen, aber uneindeutigen Welt, postdigital jenseits des öffentlichen und privaten Raums, immerzu technologisch verbunden und damit offenbart im World Wide Web.
Die neuen Werke der Künstlerin sind zudem stark von persönlichen Erinnerungen und Erfahrungen geprägt und loten die Bereiche Weiblichkeit, Fruchtbarkeit, Verlust und Sexualität aus, welche symbolisch in die Bilder eingeschrieben sind und darauf warten, dechiffriert zu werden. In den Bildnarrativen spielt der voyeuristische Blick auf intime Momente Wahrhaftigkeit vor, die Nacktheit der Figuren macht diese zutiefst verletzlich. Doch die allgegenwärtige Beschäftigung der gezeigten Personen mit dem Smartphone oder ähnlichen Tools lässt ihre Aura zwischen ignoranter Besessenheit und traurigster Apathie pulsieren.
Für die Ausstellung erprobt Dubois zudem ein weiteres Medium. Der filigran ausgearbeiteten Acrylmalerei auf Holz tritt erstmals die schnelle Linie der Tuschezeichnung entgegen. Dabei diktiert das Format des Papiers gleichsam den Inhalt: nackte, weibliche Körper, jedoch gekrümmt und in Höhe und Breite auf das Blattmaß beschränkt. Auf diesen von der Künstlerin definierten Raum gefangen und somit einzig mit sich selbst konfrontiert, stellen die Frauen mithilfe des weiterhin omnipräsenten Smartphones Fragen nach der eigenen Sexualität und wägen diese gegen die an sie gestellten unrealistischen Erwartungen der Gesellschaft ab. Die eigene Obsession mit der Technik wird hier als nützlich umfunktioniert, eine positive Lesart, die auch die Künstlerin teilt: laut eigener Aussage nutzt auch Dubois ihr Smartphone geradezu obsessiv. Zum einen als Archiv, mit dem sie rückwärtsgewandt die eigene Biographie erkundet. Darüber hinaus eröffnet das Gerät kommunikative Möglichkeiten, auch außerhalb der eigenen Komfortzone. Mehr Wagnis denn Gefahr, gleichzeitig hier und doch überall, oberflächlich und tief zugleich. Damit ist Joelle Dubois eine exakte Beobachterin der heutigen Gesellschaft. Und ihres Selbst.
Maurice Funken, Dezember 2019
Joelle Dubois verhandelt in ihren Arbeiten vor allem vordergründig die Absurditäten dieses Einzugs der digitalen Welt ins Private und die damit verbundene Selbstdarstellung nach vorangegangener vermeintlicher Selbstoptimierung. Ihre zumeist weiblichen Protagonist*innen sind multiethnischer Herkunft, widersprechen oftmals den normierten Schönheitsidealen, sind - wenn überhaupt - spärlich bekleidet und wägen sich sicher in der Abgeschiedenheit einer farbenfrohen, aber uneindeutigen Welt, postdigital jenseits des öffentlichen und privaten Raums, immerzu technologisch verbunden und damit offenbart im World Wide Web.
Die neuen Werke der Künstlerin sind zudem stark von persönlichen Erinnerungen und Erfahrungen geprägt und loten die Bereiche Weiblichkeit, Fruchtbarkeit, Verlust und Sexualität aus, welche symbolisch in die Bilder eingeschrieben sind und darauf warten, dechiffriert zu werden. In den Bildnarrativen spielt der voyeuristische Blick auf intime Momente Wahrhaftigkeit vor, die Nacktheit der Figuren macht diese zutiefst verletzlich. Doch die allgegenwärtige Beschäftigung der gezeigten Personen mit dem Smartphone oder ähnlichen Tools lässt ihre Aura zwischen ignoranter Besessenheit und traurigster Apathie pulsieren.
Für die Ausstellung erprobt Dubois zudem ein weiteres Medium. Der filigran ausgearbeiteten Acrylmalerei auf Holz tritt erstmals die schnelle Linie der Tuschezeichnung entgegen. Dabei diktiert das Format des Papiers gleichsam den Inhalt: nackte, weibliche Körper, jedoch gekrümmt und in Höhe und Breite auf das Blattmaß beschränkt. Auf diesen von der Künstlerin definierten Raum gefangen und somit einzig mit sich selbst konfrontiert, stellen die Frauen mithilfe des weiterhin omnipräsenten Smartphones Fragen nach der eigenen Sexualität und wägen diese gegen die an sie gestellten unrealistischen Erwartungen der Gesellschaft ab. Die eigene Obsession mit der Technik wird hier als nützlich umfunktioniert, eine positive Lesart, die auch die Künstlerin teilt: laut eigener Aussage nutzt auch Dubois ihr Smartphone geradezu obsessiv. Zum einen als Archiv, mit dem sie rückwärtsgewandt die eigene Biographie erkundet. Darüber hinaus eröffnet das Gerät kommunikative Möglichkeiten, auch außerhalb der eigenen Komfortzone. Mehr Wagnis denn Gefahr, gleichzeitig hier und doch überall, oberflächlich und tief zugleich. Damit ist Joelle Dubois eine exakte Beobachterin der heutigen Gesellschaft. Und ihres Selbst.
Maurice Funken, Dezember 2019