Stephan Melzl
16 Apr - 07 Jun 2008
Zu den neuen Bildern von Stephan Melzl
In den neuen Bildern von Stephan Melzl vereint sich das barocke Bildzitat mittels subtiler formaler Analogien mit seinen zeitgenössischen „Besuchern“ zu einer merkwürdig surrealen Bildrealität. Theologische Bildinhalte und ihr darstellungs- und epochenbedingtes Pathos treffen auf kindliches Bildpersonal, das mit humorvoll ausgewählten Gegenwartsmerkmalen wie Kleidung, Motorradhelm und Kaugummiblasen deutlich im Hier und Jetzt verortet ist.
Scheinbar teilnahmslos und leicht unbeholfen steht ein weiß gekleidetes Mädchen wie für eine Fotografie posierend in Lieblings-T-Shirt 1 mit dem Rücken vor einer barocken Bildkomposition, ist nicht Teil des Geschehens der Martyriumsszene, nimmt aber im Habitus und Gestus unwillkürlich bestimmte Kompositionslinien des Gemäldes wieder auf. Die Körperwendung, das Übergreifen des rechten Armes und die gloriolenhafte Wirkung und Form des Hutes folgen Haltung und Nimbus der Heiligenfigur. So fremd das Mädchen in seiner barocken Kulisse auch wirkt, durch die formale Anlehnung, das ausgeleuchtete Gesicht, aber vor allem durch das Zur-Schau-Tragen der eigenen Bildsituation als T-Shirt-Aufdruck auf seiner Brust, durch das Bild im Bild, entsteht eine untrennbare Bildeinheit.
Unweigerlich stellt sich die Frage nach narrativen Bildzusammenhängen. Doch auch wenn die neutralen Räumlichkeiten und vermeintlichen Ausstellungsstücke zunächst auf einen musealen Kontext schließen lassen, wird diese Vermutung durch die sonderbare Abdunklung, das fokussierende, ein hartes Chiaroscuro herausbildende Licht und einige, eine normale Museumssituation irritierende Bildkomponenten wieder relativiert. Dementsprechend erklärt sich die auffällige Rahmung des Gesichtes des Jungen in Portraits zwar als formale Parallele zum Hintergrund, nicht aber das Tragen des Motorradhelmes an sich. Auch der nackte Oberkörper und die ins Bild ragende Pflanze bleiben rätselhaft. Ähnliches gilt für den Hulahupp-Reifen im gleichnamigen Bild Reifen, der den Heiligenschein der übermächtigen, sinnlich entblößten Frauenfigur im Bildoval imitiert und als Zeichen von Unschuld, ein frappierendes Gegenbild zum signifikanten, im Stil der Gothic-Mode gehaltenen Flammenmotiv des T-Shirts schafft. Derartige Doppeldeutigkeiten bis hin zu offenkundigen erotischen Spielereien sind eine bekannte Bildkonstante in den Arbeiten von Stephan Melzl.
Würde das mystische Licht nicht aus den Bildern im Hintergrund auf die adoleszenten Gestalten übergreifen oder die gesamte Bildsituation einhüllen, wären die Gemälde von Melzl als eine Art verbildlichter Kultur-Clash lesbar. Doch immobil und merkwürdig entrückt verweilen diese Kinder scheinbar auf einer Metaebene, in der durch ihre Präsenz barocke bzw. sakrale Bildinhalte und Symboliken eine neue Aktualität erlangen, während die Leichtigkeit des eigenen alltäglichen Spiels eine unheimliche Ernsthaftigkeit herausbildet.
Auf seinen flämisch kleinen bis mittelformatigen Holztafeln verleiht Melzl einerseits seiner persönlichen Hommage an altmeisterliche Vorbilder Ausdruck, wahrt jedoch gleichzeitig die Distanz, indem er sein eigenes Zitat durch eine zeitgenössische Profanisierung von Bildkonventionen ironisiert.
Uta Ruhkamp, 2008
In den neuen Bildern von Stephan Melzl vereint sich das barocke Bildzitat mittels subtiler formaler Analogien mit seinen zeitgenössischen „Besuchern“ zu einer merkwürdig surrealen Bildrealität. Theologische Bildinhalte und ihr darstellungs- und epochenbedingtes Pathos treffen auf kindliches Bildpersonal, das mit humorvoll ausgewählten Gegenwartsmerkmalen wie Kleidung, Motorradhelm und Kaugummiblasen deutlich im Hier und Jetzt verortet ist.
Scheinbar teilnahmslos und leicht unbeholfen steht ein weiß gekleidetes Mädchen wie für eine Fotografie posierend in Lieblings-T-Shirt 1 mit dem Rücken vor einer barocken Bildkomposition, ist nicht Teil des Geschehens der Martyriumsszene, nimmt aber im Habitus und Gestus unwillkürlich bestimmte Kompositionslinien des Gemäldes wieder auf. Die Körperwendung, das Übergreifen des rechten Armes und die gloriolenhafte Wirkung und Form des Hutes folgen Haltung und Nimbus der Heiligenfigur. So fremd das Mädchen in seiner barocken Kulisse auch wirkt, durch die formale Anlehnung, das ausgeleuchtete Gesicht, aber vor allem durch das Zur-Schau-Tragen der eigenen Bildsituation als T-Shirt-Aufdruck auf seiner Brust, durch das Bild im Bild, entsteht eine untrennbare Bildeinheit.
Unweigerlich stellt sich die Frage nach narrativen Bildzusammenhängen. Doch auch wenn die neutralen Räumlichkeiten und vermeintlichen Ausstellungsstücke zunächst auf einen musealen Kontext schließen lassen, wird diese Vermutung durch die sonderbare Abdunklung, das fokussierende, ein hartes Chiaroscuro herausbildende Licht und einige, eine normale Museumssituation irritierende Bildkomponenten wieder relativiert. Dementsprechend erklärt sich die auffällige Rahmung des Gesichtes des Jungen in Portraits zwar als formale Parallele zum Hintergrund, nicht aber das Tragen des Motorradhelmes an sich. Auch der nackte Oberkörper und die ins Bild ragende Pflanze bleiben rätselhaft. Ähnliches gilt für den Hulahupp-Reifen im gleichnamigen Bild Reifen, der den Heiligenschein der übermächtigen, sinnlich entblößten Frauenfigur im Bildoval imitiert und als Zeichen von Unschuld, ein frappierendes Gegenbild zum signifikanten, im Stil der Gothic-Mode gehaltenen Flammenmotiv des T-Shirts schafft. Derartige Doppeldeutigkeiten bis hin zu offenkundigen erotischen Spielereien sind eine bekannte Bildkonstante in den Arbeiten von Stephan Melzl.
Würde das mystische Licht nicht aus den Bildern im Hintergrund auf die adoleszenten Gestalten übergreifen oder die gesamte Bildsituation einhüllen, wären die Gemälde von Melzl als eine Art verbildlichter Kultur-Clash lesbar. Doch immobil und merkwürdig entrückt verweilen diese Kinder scheinbar auf einer Metaebene, in der durch ihre Präsenz barocke bzw. sakrale Bildinhalte und Symboliken eine neue Aktualität erlangen, während die Leichtigkeit des eigenen alltäglichen Spiels eine unheimliche Ernsthaftigkeit herausbildet.
Auf seinen flämisch kleinen bis mittelformatigen Holztafeln verleiht Melzl einerseits seiner persönlichen Hommage an altmeisterliche Vorbilder Ausdruck, wahrt jedoch gleichzeitig die Distanz, indem er sein eigenes Zitat durch eine zeitgenössische Profanisierung von Bildkonventionen ironisiert.
Uta Ruhkamp, 2008