Vera Gliem

Sven 't Jolle

05 Nov - 17 Dec 2011

Ausstellungsansicht, 2011
SVEN 'T JOLLE
Looking forward to Retiring Soon
05.11.-17.12.2011

Der belgische Künstler Sven ́t Jolle blickt aus der Sicht eines Arbeiters auf unsere von Wirtschaftsmächten dominierte Welt und bezieht eine antikapitalistische Position.
Seine Installationen, Skulpturen und Zeichnungen resultieren aus dieser kritischen Sichtweise auf unsere politische Situation heraus und sind zugleich Ausgangspunkt für formale Fragestellungen.
Durch den Einsatz und die Modifikation von Readymades, so dass sie wesenhafte Züge aufweisen, ebenso wie durch die Überdimensionierung und Verfremdung vertrauter Motive entfernt sich Jolle von einer allzu verbissenen Politkunst und verleiht seinen Arbeiten Humor und Leichtigkeit.
Der Künstler entwickelte für die Ausstellung in der Galerie Vera Gliem eine Installation, die an einen Spielplatz denken lässt. Selbstgefertigte Objekte, angesiedelt zwischen Abstraktion und Figuration, treffen hier auf Readymades. Der Spielplatz wird hier zum Sinnbild eines künstlerischen Experimentierfelds, dieses, hier der Galerieraum – wird wiederum zum Spielplatz.
So steht die altmodisch anmutende Gipsplastik „Arbeiterfrau mit Kind“ (2011) einer überdimensionalen Kunststofftomate gegenüber, die der Künstler als Teil eines provisorischen Spielplatzes in einem Flüchtlingslager entdeckte. Die Gipsfigur erscheint in ihrer Haltung und in ihrem Ausdruck fast wie eine Greisin, mit ihrem Kind an der Hand wird jedoch deutlich, dass sie jünger ist. Jolle fertigte die Figur nach einem gleichnamigen Vorbild des deutschen Bildhauers Christoph Voll aus dem Jahr 1923. Jolles Skulptur ist hier Stellvertreter für Zweierlei: Zum einen existiert sie hier in ihrer ursprünglichen Bedeutung – als erschöpfte Arbeiterin im Sinne Volls. Zum anderen wird sie hier zum Sinnbild des demografischen Wandels und unserer überalterten Gesellschaft.
Der im Niederländis chen doppeldeutige Titel „Studie in grijswaarnden“ der grauen Zylinderskulptur im Ausstellungsraum nimmt den dualistischen Ansatz Jolles wieder auf: So lassen sich die Worte zum einen mit „Studie in Grautönen“ und zum anderen mit „Studie in Altern“ ins Deutsche übersetzen. Letzteres lässt sich bildlich durch den in die Skulptur eingebundenen Gehstock wiederfinden. Das Aufeinanderschichten der verschiedenen zylindrischen Formen ebenso wie der Titel und die graue Farbigkeit lassen wiederum an modernistisch - form ale Fragestellungen denken, wie sie beispielsweise unter den Bauhauskünstlern oder etwa den Kubisten und Konstruktivisten relevant waren.
Mit der Installation „Reclining crates“ (2008) aus verschieden großen Transportkisten widmet sich der Künstler dem besonderen Zeitpunkt während der Arbeit, der Brotzeit und verleiht seiner Solidarität mit der Arbeiterschicht nochmals Nachdruck. Die Installation wurde als Außenskulptur für das Leopold-Hoesch-Museum in Düren in Beton gegossen und im August dieses Jahres fertig gestellt.
 

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