Thomas Hirschhorn
Never Give Up The Spot
19 Oct 2018 - 03 Feb 2019
Thomas Hirschhorn: Never Give Up The Spot. Exhibition view at Museum Villa Stuck, Munich, 2018. Photo: Jann Averwerser
Thomas Hirschhorn: Never Give Up The Spot. Exhibition view at Museum Villa Stuck, Munich, 2018. Photo: Jann Averwerser
Thomas Hirschhorn: Never Give Up The Spot. Exhibition view at Museum Villa Stuck, Munich, 2018. Photo: Jann Averwerser
Thomas Hirschhorn, "Never Give Up The Spot", Project board, Studio view, 2017, Courtesy of the artist
Thomas Hirschhorn
Never Give Up The Spot
19 October 2018 – 3 February 2019
“Never Give Up The Spot” represents an experiment to combine destruction and creation. To this end, Thomas Hirschhorn transforms the Museum Villa Stuck into a ruin. There are shelters inside the ruin which invite visitors to be present, engage in discussions, arrange to meet and produce. The same materials that were used to build the ruin are also available for use by visitors. There are tools, books, writing utensils, seating areas, computers and other material. “Never Give Up The Spot” appeals to a new understanding of the museum as an institution that opens up to the public and is free of hierarchies. It’s a place where there is nothing to buy! The sculpture “Never Give Up The Spot” draws attention to the importance – now and in the future – of taking a stand and sticking to it. It’s a place that welcomes all people!
Curated by Roland Wenninger
#NeverGiveUpTheSpot
Free admission
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Thomas Hirschhorn »Never Give Up The Spot«
Ruinenlandschaft
Anlässlich seines 50-jährigen Jubiläums zeigt das Museum VILLA STUCK eine groß angelegte Ausstellung des Schweizer Bildhauers Thomas Hirschhorn mit dem Titel »Never Give Up The Spot«. Thomas Hirschhorn formt eine riesige Ruinenlandschaft, die sich über alle drei Stockwerke des neuen Atelierbaus der VILLA STUCK erstreckt und diese zu einem Raum verbindet.
Der Titel der neuen Arbeit ist gleichzeitig Programm: »Never Give Up The Spot« bedeutet für Thomas Hirschhorn: »Die Position halten, den Standort halten, nie den Standort aufgeben, nie die Position verlassen«, oder, in anderen Worten, »vor Ort sein und am Ort durchhalten«. Die Ruine »Never Give Up The Spot« geht über die Ästhetik der Zerstörung hinaus. Sie ist universell und zeitlos, reine Form – ein autonomes Kunstwerk. Gleichzeitig vermittelt sie eine Erfahrung des Prekären, der Instabilität und des Abgründigen. Thomas Hirschhorn vergleicht die Ästhetik der Ruine im Museum VILLA STUCK mit einem ›Potemkinschen Dorf‹: »Es ist ein umgedrehtes Potemkinsches Dorf. Die Räume werden demnach nicht besser dargestellt als sie sind, sondern der Zustand der Räume wird ›schlechter‹ dargestellt als er in Wirklichkeit ist.«
Zerstörung und Kreation
»Never Give Up The Spot« ist ein Kunstwerk, eine Skulptur und eine Ruine. Gleichzeitig steht »Never Give Up The Spot« für das Experiment, Zerstörung und Kreation miteinander zu verbinden. Deshalb gibt es in der Skulptur zwei Unterstände, in denen gearbeitet und etwas kreiert werden kann. Die gleichen Materialien, aus denen die Ruine geformt wurde, stehen zur Nutzung für die Besucher/innen bereit. Es gibt Werkzeuge, Sitzgelegenheiten, Computer, Drucker, Fotokopierer, Bücher und Zeichenmaterial.
In einem der Unterstände liegt ein von Thomas Hirschhorn gestaltetes Künstler/innenbuch aus, das dem Thema »Ruine« gewidmet ist. Das Buch trägt den Titel »“Destruction is difficult. Indeed it is as difficult as Creation.“ (Antonio Gramsci) Thomas Hirschhorn Künstler/innenbuch« Der Titel bezieht sich auf ein Zitat aus den Gefängnis-Tagebüchern des italienischen Philosophen und Kommunisten Antonio Gramsci. Laut Thomas Hirschhorn soll die Publikation daran erinnern, »wie schwierig es ist, herrschende Gewohnheiten, ungerechte Hierarchien, ungleichende Traditionen, ausschließende Bräuche und unsinnige Verhältnisse umzustoßen oder abzuschaffen. Und wie schwierig es ist, an ihrer Stelle etwas Neues, etwas Gerechtes, etwas Positives, etwas Einschließendes zu schaffen.«
Hinein in die Welt
»Never Give Up The Spot« ist eine Skulptur, die zum Diskurs einlädt, Raum gibt und alle willkommen heißt. Vor und während der Ausstellung bietet der Hashtag #NeverGiveUpTheSpot in den sozialen Netzwerken die Möglichkeit, über eigene Standpunkte und Überzeugungen zu diskutieren oder sich für ein gemeinsames Treffen in der Ruine zu verabreden. In der Ruine stehen u.a. ein Mikrofon, ein E-Bass, Lautsprecher und Beamer zur Nutzung bereit – die Ruine soll ein offener Ort des Austauschs sein. Ein eigens von Thomas Hirschhorn gestalteter Flyer wird in München verteilt. »Never Give Up The Spot« geht auch in den Untergrund: Für die U-Bahn-Gänge am Odeonsplatz entwirft der Künstler großflächige Bilder.
Eintritt frei!!
»Never Give Up The Spot« ist ein Ort, an dem es nichts zu kaufen gibt. Der Eintritt ist frei. Materialien, Werkzeuge und Computer stehen zur freien Verfügung. Das Künstler/innenbuch gibt es unentgeltlich und ausschließlich in der Ruine. Auf diese Weise entsteht ein hierarchiefreier Ort für ein nicht-exklusives Publikum. Thomas Hirschhorn appelliert an ein neues Verständnis von Kunst in der Institution 'Museum', das sich der Öffentlichkeit öffnet und frei von Hierarchien ist. Im Kräftefeld zwischen Destruktion und Kreation, zwischen Utopie und Konkretem entstehen neue Energien für individuelle und gesellschaftliche Transformationen. Die Skulptur »Never Give Up The Spot« macht darauf aufmerksam, wie wichtig es ist – jetzt und in Zukunft – einen Standpunkt zu beziehen, diesen zu vertreten und sich dafür zu riskieren. Es ist ein Ort, der alle Menschen willkommen heißt!
Der Aufbau der Ausstellung erfolgt in Zusammenarbeit mit der Klasse für Bühnenbild und -kostüm, Prof. Katrin Brack, Akademie der Bildenden Künste München.
Mit freundlicher Unterstützung durch Prohelvetia, Verein zur Förderung der Stiftung Villa Stuck e.V., Richard Stury Stiftung und Münchner Volkshochschule.
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Thomas Hirschhorn »Never Give Up The Spot«
Warum »Never Give Up The Spot«?
Der Titel dieser neuen Arbeit ist gleichzeitig das Programm und er bestimmt ihre Mission: Die Position halten, den Standort halten, nie den Standort 'aufgeben', nie die Position verlassen, nie die Position ändern. "Never Give Up The Spot" heisst auch: Vor Ort sein und am Ort durchhalten. Die Frage stellt sich: Warum seine Position verlassen? Warum seine Sichtweise anpassen? Warum seine Überzeugnung aufgeben? Weil es ökonomische, politische, kulturelle Argumente dagegen gibt? Weil es der 'Zeitgeist' will?
Gilt nicht - im Gegenteil - durch das Einhalten der Position, eine Behauptung zu wagen, damit zu insistieren und schlussendlich mit dieser Behauptung, mit diesem Standpunkt den Durchbruch zu schaffen? Es geht um die zeitliche Verortung einer Behauptung. Die Aufforderung "Never Give Up The Spot" habe ich - mit grossen Buchstaben hingemalt - unter einer Autobahnbrücke gesehen. Ihre Einfachheit, ihre zwingende Örtlichkeit und die Tragweite ihrer Behauptung ergeben eine klare Form, es ist eine universelle Form.
In meiner Arbeit ist der Ort - das Museum Villa Stuck - die 'Brücke'. Das Museum bietet sich an, es als eine Art 'Unterstand' zu sehen, als einen hierarchiefreien Ort, einen zeitlosen Platz, einen universellen Raum. Was ist ohne Hierarchie, was ist zeitlos, was ist universell, wenn nicht eine Ruine? In der Arbeit "Never Give Up The Spot" ist das Museum Villa Stuck eine Ruine. Die zur Verfügung stehenden Ausstellungssäle werden in eine Ruinenlandschaft verwandelt, denn - das ist meine Form-Behauptung - eine Ruine ist ein hierarchiefreier Ort, ein zeitloser Platz, ein universeller Raum. Dabei ist wichtig, dass alle Ruinen 'fake' Ruinen sind, aus Karton, Papier, Holz, Plastik, Styropor. Die Aesthetik der Ruine im Museum Villa Stuck ist die eines 'Potemkinschen Dorfes'. Es ist ein umgedrehtes Potemkinsches Dorf. Die Räume werden demnach nicht besser dargestellt als sie sind, sondern der Zustand der Räume wird 'schlechter' dargestellt als er in Wirklichkeit ist. Diese Form der Ruine wird die beiden Stockwerke, das obere und das untere Stockwerk - über die Wendeltreppe - zu einem Raum verbinden.
In dieser zerstörten Ruinenlandschaft gibt es zwei Unterstände (je einen im unteren Stockwerk und einen im oberen Stockwerk). In diesen beiden Unterständen gibt es die Möglichkeit der 'Produktion'. Hier kann etwas produziert werden, es sind deshalb zwei Unterstände der 'Kreation'. In der Arbeit "Never Give Up The Spot" trifft 'Zerstörung' (die 'fake' Ruine) auf 'Kreation' (die Unterstände als Werkstätten der 'Kreation'). Dem gleichzeitigen Kontakt oder Konflikt von 'Zerstörung' und 'Kreation' soll hier Form gegeben werden. Also nicht Zerstörung und dann nachfolgende Konstruktion oder Wiederaufbau,
sondern 'Zerstörung' und gleichzeitig 'Schöpfung'. In der Ruine wird etwas konstruiert, im Chaos findet 'Kreation' statt. In den beiden Unterständen gibt es die Möglichkeit, auch 'Unsinn' zu produzieren. Nicht 'Unsinn' gegen oder im Gegensatz zu 'Sinn', sondern 'Unsinn', der die Fragen des Sinns stellt und 'Unsinn', der die Problematik 'Sinn' neu beleuchtet.
In den beiden Unterständen gibt es Material - das gleiche Material, das für den Bau der Ruinenlandschaft benötigt wurde, Styropor, Karton, Holz, Plastik, Papier. Weiterhin gibt es Computer mit Internetverbindung, Drucker, Photokopierer und Werkzeuge zur freien Nutzung und zum Bearbeiten der Materialien. In einem der beiden Unterstände gibt es Werkbänke, Tische, Regale, Werkzeuge und Materialien, um Skulpturen zu produzieren. Im anderen Unterstand gibt es Sitzgelegenheiten, Bücher und Zeichenmaterial. In den beiden Unterständen sind - über die ganze Ausstellungszeit - zwei Personen (je eine pro Unterstand) anwesend. Diese Personen begrüssen die Besucher und erklären, dass die Werkzeuge benutzt werden können, dass hier gearbeitet werden kann, dass hier etwas produziert werden kann. Sie begleiten die Ausstellungsbesucher, wenn diese etwas produzieren wollen, etwas, was Teil der Ausstellung wird und bleibt. Die beiden Personen sind das 'Sicherheitspersonal', sie sind die 'Aufsicht', es braucht kein anderes Personal in der Ausstellung. Die beiden Personen sind bereits während des zweiwöchigen Ausstellungsaufbaus im Museum Villa Stuck anwesend, sie arbeiten am Aufbau der Unterstände mit, sie bereiten die Unterstände vor und werden - vor Ort - in ihre Mission eingeführt.
In der Ausstellung - in einem der Unterstände - liegt ein Künstler/innenbuch auf, es ist ein unentgeltlicher 'Ausstellungsführer' - zum Mitnehmen. Es ist eine Publikation, die das Thema 'Ruine' aufzeigt, mit Bildmaterial. Es ist ein 'Künstler/innenbuch', ein Notizbuch. Seine Richtlinie ist: Eine 'Ruine ist eine Ruine'. Das Buch macht klar - ohne Nostalgie und ohne Fetischismus - was an einer Ruine das Entscheidende ist. Der Titel des Künstler/innenbuchs ist das Zitat von Antonio Gramsci: "Destruction is difficult. Indeed, it is as difficult as Creation." Gramsci meinte damit, wie schwierig es ist, herrschende Gewohnheiten, ungerechte Hierarchien, ungleichmachende Traditionen, auschliessende Bräuche und unsinnige Verhältnisse umzustossen oder abzuschaffen. Und wie schwierig es ist, an ihrer Stelle etwas Neues, etwas Gerechtes, etwas Positives, etwas Einschliessendes zu schaffen. Deshalb ist Gramsci's Satz "Destruction is difficult. Indeed it is as difficult as Creation." - über seine überraschende Affirmation hinaus - so komplex und politisch. Die Publikation soll die Arbeit "Never Give Up The Spot" begleiten, erweitern und verlängern, sie soll daran erinnern, wie hoch der Preis ist, den man zu bezahlen hat, um etwas zu erschaffen.
Wichtig: Der Eintritt in die Arbeit "Never Give Up The Spot" muss frei sein. Der Ausstellungsbesuch ist gratis, weil ich will, dass die Besucher etwas produzieren und sogar mehrmals kommen, um etwas zu produzieren.
Thomas Hirschhorn, Aubervilliers, Oktober, 2017
Never Give Up The Spot
19 October 2018 – 3 February 2019
“Never Give Up The Spot” represents an experiment to combine destruction and creation. To this end, Thomas Hirschhorn transforms the Museum Villa Stuck into a ruin. There are shelters inside the ruin which invite visitors to be present, engage in discussions, arrange to meet and produce. The same materials that were used to build the ruin are also available for use by visitors. There are tools, books, writing utensils, seating areas, computers and other material. “Never Give Up The Spot” appeals to a new understanding of the museum as an institution that opens up to the public and is free of hierarchies. It’s a place where there is nothing to buy! The sculpture “Never Give Up The Spot” draws attention to the importance – now and in the future – of taking a stand and sticking to it. It’s a place that welcomes all people!
Curated by Roland Wenninger
#NeverGiveUpTheSpot
Free admission
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Thomas Hirschhorn »Never Give Up The Spot«
Ruinenlandschaft
Anlässlich seines 50-jährigen Jubiläums zeigt das Museum VILLA STUCK eine groß angelegte Ausstellung des Schweizer Bildhauers Thomas Hirschhorn mit dem Titel »Never Give Up The Spot«. Thomas Hirschhorn formt eine riesige Ruinenlandschaft, die sich über alle drei Stockwerke des neuen Atelierbaus der VILLA STUCK erstreckt und diese zu einem Raum verbindet.
Der Titel der neuen Arbeit ist gleichzeitig Programm: »Never Give Up The Spot« bedeutet für Thomas Hirschhorn: »Die Position halten, den Standort halten, nie den Standort aufgeben, nie die Position verlassen«, oder, in anderen Worten, »vor Ort sein und am Ort durchhalten«. Die Ruine »Never Give Up The Spot« geht über die Ästhetik der Zerstörung hinaus. Sie ist universell und zeitlos, reine Form – ein autonomes Kunstwerk. Gleichzeitig vermittelt sie eine Erfahrung des Prekären, der Instabilität und des Abgründigen. Thomas Hirschhorn vergleicht die Ästhetik der Ruine im Museum VILLA STUCK mit einem ›Potemkinschen Dorf‹: »Es ist ein umgedrehtes Potemkinsches Dorf. Die Räume werden demnach nicht besser dargestellt als sie sind, sondern der Zustand der Räume wird ›schlechter‹ dargestellt als er in Wirklichkeit ist.«
Zerstörung und Kreation
»Never Give Up The Spot« ist ein Kunstwerk, eine Skulptur und eine Ruine. Gleichzeitig steht »Never Give Up The Spot« für das Experiment, Zerstörung und Kreation miteinander zu verbinden. Deshalb gibt es in der Skulptur zwei Unterstände, in denen gearbeitet und etwas kreiert werden kann. Die gleichen Materialien, aus denen die Ruine geformt wurde, stehen zur Nutzung für die Besucher/innen bereit. Es gibt Werkzeuge, Sitzgelegenheiten, Computer, Drucker, Fotokopierer, Bücher und Zeichenmaterial.
In einem der Unterstände liegt ein von Thomas Hirschhorn gestaltetes Künstler/innenbuch aus, das dem Thema »Ruine« gewidmet ist. Das Buch trägt den Titel »“Destruction is difficult. Indeed it is as difficult as Creation.“ (Antonio Gramsci) Thomas Hirschhorn Künstler/innenbuch« Der Titel bezieht sich auf ein Zitat aus den Gefängnis-Tagebüchern des italienischen Philosophen und Kommunisten Antonio Gramsci. Laut Thomas Hirschhorn soll die Publikation daran erinnern, »wie schwierig es ist, herrschende Gewohnheiten, ungerechte Hierarchien, ungleichende Traditionen, ausschließende Bräuche und unsinnige Verhältnisse umzustoßen oder abzuschaffen. Und wie schwierig es ist, an ihrer Stelle etwas Neues, etwas Gerechtes, etwas Positives, etwas Einschließendes zu schaffen.«
Hinein in die Welt
»Never Give Up The Spot« ist eine Skulptur, die zum Diskurs einlädt, Raum gibt und alle willkommen heißt. Vor und während der Ausstellung bietet der Hashtag #NeverGiveUpTheSpot in den sozialen Netzwerken die Möglichkeit, über eigene Standpunkte und Überzeugungen zu diskutieren oder sich für ein gemeinsames Treffen in der Ruine zu verabreden. In der Ruine stehen u.a. ein Mikrofon, ein E-Bass, Lautsprecher und Beamer zur Nutzung bereit – die Ruine soll ein offener Ort des Austauschs sein. Ein eigens von Thomas Hirschhorn gestalteter Flyer wird in München verteilt. »Never Give Up The Spot« geht auch in den Untergrund: Für die U-Bahn-Gänge am Odeonsplatz entwirft der Künstler großflächige Bilder.
Eintritt frei!!
»Never Give Up The Spot« ist ein Ort, an dem es nichts zu kaufen gibt. Der Eintritt ist frei. Materialien, Werkzeuge und Computer stehen zur freien Verfügung. Das Künstler/innenbuch gibt es unentgeltlich und ausschließlich in der Ruine. Auf diese Weise entsteht ein hierarchiefreier Ort für ein nicht-exklusives Publikum. Thomas Hirschhorn appelliert an ein neues Verständnis von Kunst in der Institution 'Museum', das sich der Öffentlichkeit öffnet und frei von Hierarchien ist. Im Kräftefeld zwischen Destruktion und Kreation, zwischen Utopie und Konkretem entstehen neue Energien für individuelle und gesellschaftliche Transformationen. Die Skulptur »Never Give Up The Spot« macht darauf aufmerksam, wie wichtig es ist – jetzt und in Zukunft – einen Standpunkt zu beziehen, diesen zu vertreten und sich dafür zu riskieren. Es ist ein Ort, der alle Menschen willkommen heißt!
Der Aufbau der Ausstellung erfolgt in Zusammenarbeit mit der Klasse für Bühnenbild und -kostüm, Prof. Katrin Brack, Akademie der Bildenden Künste München.
Mit freundlicher Unterstützung durch Prohelvetia, Verein zur Förderung der Stiftung Villa Stuck e.V., Richard Stury Stiftung und Münchner Volkshochschule.
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Thomas Hirschhorn »Never Give Up The Spot«
Warum »Never Give Up The Spot«?
Der Titel dieser neuen Arbeit ist gleichzeitig das Programm und er bestimmt ihre Mission: Die Position halten, den Standort halten, nie den Standort 'aufgeben', nie die Position verlassen, nie die Position ändern. "Never Give Up The Spot" heisst auch: Vor Ort sein und am Ort durchhalten. Die Frage stellt sich: Warum seine Position verlassen? Warum seine Sichtweise anpassen? Warum seine Überzeugnung aufgeben? Weil es ökonomische, politische, kulturelle Argumente dagegen gibt? Weil es der 'Zeitgeist' will?
Gilt nicht - im Gegenteil - durch das Einhalten der Position, eine Behauptung zu wagen, damit zu insistieren und schlussendlich mit dieser Behauptung, mit diesem Standpunkt den Durchbruch zu schaffen? Es geht um die zeitliche Verortung einer Behauptung. Die Aufforderung "Never Give Up The Spot" habe ich - mit grossen Buchstaben hingemalt - unter einer Autobahnbrücke gesehen. Ihre Einfachheit, ihre zwingende Örtlichkeit und die Tragweite ihrer Behauptung ergeben eine klare Form, es ist eine universelle Form.
In meiner Arbeit ist der Ort - das Museum Villa Stuck - die 'Brücke'. Das Museum bietet sich an, es als eine Art 'Unterstand' zu sehen, als einen hierarchiefreien Ort, einen zeitlosen Platz, einen universellen Raum. Was ist ohne Hierarchie, was ist zeitlos, was ist universell, wenn nicht eine Ruine? In der Arbeit "Never Give Up The Spot" ist das Museum Villa Stuck eine Ruine. Die zur Verfügung stehenden Ausstellungssäle werden in eine Ruinenlandschaft verwandelt, denn - das ist meine Form-Behauptung - eine Ruine ist ein hierarchiefreier Ort, ein zeitloser Platz, ein universeller Raum. Dabei ist wichtig, dass alle Ruinen 'fake' Ruinen sind, aus Karton, Papier, Holz, Plastik, Styropor. Die Aesthetik der Ruine im Museum Villa Stuck ist die eines 'Potemkinschen Dorfes'. Es ist ein umgedrehtes Potemkinsches Dorf. Die Räume werden demnach nicht besser dargestellt als sie sind, sondern der Zustand der Räume wird 'schlechter' dargestellt als er in Wirklichkeit ist. Diese Form der Ruine wird die beiden Stockwerke, das obere und das untere Stockwerk - über die Wendeltreppe - zu einem Raum verbinden.
In dieser zerstörten Ruinenlandschaft gibt es zwei Unterstände (je einen im unteren Stockwerk und einen im oberen Stockwerk). In diesen beiden Unterständen gibt es die Möglichkeit der 'Produktion'. Hier kann etwas produziert werden, es sind deshalb zwei Unterstände der 'Kreation'. In der Arbeit "Never Give Up The Spot" trifft 'Zerstörung' (die 'fake' Ruine) auf 'Kreation' (die Unterstände als Werkstätten der 'Kreation'). Dem gleichzeitigen Kontakt oder Konflikt von 'Zerstörung' und 'Kreation' soll hier Form gegeben werden. Also nicht Zerstörung und dann nachfolgende Konstruktion oder Wiederaufbau,
sondern 'Zerstörung' und gleichzeitig 'Schöpfung'. In der Ruine wird etwas konstruiert, im Chaos findet 'Kreation' statt. In den beiden Unterständen gibt es die Möglichkeit, auch 'Unsinn' zu produzieren. Nicht 'Unsinn' gegen oder im Gegensatz zu 'Sinn', sondern 'Unsinn', der die Fragen des Sinns stellt und 'Unsinn', der die Problematik 'Sinn' neu beleuchtet.
In den beiden Unterständen gibt es Material - das gleiche Material, das für den Bau der Ruinenlandschaft benötigt wurde, Styropor, Karton, Holz, Plastik, Papier. Weiterhin gibt es Computer mit Internetverbindung, Drucker, Photokopierer und Werkzeuge zur freien Nutzung und zum Bearbeiten der Materialien. In einem der beiden Unterstände gibt es Werkbänke, Tische, Regale, Werkzeuge und Materialien, um Skulpturen zu produzieren. Im anderen Unterstand gibt es Sitzgelegenheiten, Bücher und Zeichenmaterial. In den beiden Unterständen sind - über die ganze Ausstellungszeit - zwei Personen (je eine pro Unterstand) anwesend. Diese Personen begrüssen die Besucher und erklären, dass die Werkzeuge benutzt werden können, dass hier gearbeitet werden kann, dass hier etwas produziert werden kann. Sie begleiten die Ausstellungsbesucher, wenn diese etwas produzieren wollen, etwas, was Teil der Ausstellung wird und bleibt. Die beiden Personen sind das 'Sicherheitspersonal', sie sind die 'Aufsicht', es braucht kein anderes Personal in der Ausstellung. Die beiden Personen sind bereits während des zweiwöchigen Ausstellungsaufbaus im Museum Villa Stuck anwesend, sie arbeiten am Aufbau der Unterstände mit, sie bereiten die Unterstände vor und werden - vor Ort - in ihre Mission eingeführt.
In der Ausstellung - in einem der Unterstände - liegt ein Künstler/innenbuch auf, es ist ein unentgeltlicher 'Ausstellungsführer' - zum Mitnehmen. Es ist eine Publikation, die das Thema 'Ruine' aufzeigt, mit Bildmaterial. Es ist ein 'Künstler/innenbuch', ein Notizbuch. Seine Richtlinie ist: Eine 'Ruine ist eine Ruine'. Das Buch macht klar - ohne Nostalgie und ohne Fetischismus - was an einer Ruine das Entscheidende ist. Der Titel des Künstler/innenbuchs ist das Zitat von Antonio Gramsci: "Destruction is difficult. Indeed, it is as difficult as Creation." Gramsci meinte damit, wie schwierig es ist, herrschende Gewohnheiten, ungerechte Hierarchien, ungleichmachende Traditionen, auschliessende Bräuche und unsinnige Verhältnisse umzustossen oder abzuschaffen. Und wie schwierig es ist, an ihrer Stelle etwas Neues, etwas Gerechtes, etwas Positives, etwas Einschliessendes zu schaffen. Deshalb ist Gramsci's Satz "Destruction is difficult. Indeed it is as difficult as Creation." - über seine überraschende Affirmation hinaus - so komplex und politisch. Die Publikation soll die Arbeit "Never Give Up The Spot" begleiten, erweitern und verlängern, sie soll daran erinnern, wie hoch der Preis ist, den man zu bezahlen hat, um etwas zu erschaffen.
Wichtig: Der Eintritt in die Arbeit "Never Give Up The Spot" muss frei sein. Der Ausstellungsbesuch ist gratis, weil ich will, dass die Besucher etwas produzieren und sogar mehrmals kommen, um etwas zu produzieren.
Thomas Hirschhorn, Aubervilliers, Oktober, 2017