ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie

bit international. [Nove] tendencije – Computer und visuelle Forschung Zagreb 1961–1973

23 Feb 2008 - 06 Jan 2009

Vladimir Bona?i?
GF.E 16-4 CNSM, 1969/1971
Dynamisches Objekt
Privatsammlung
Eine Ausstellung im ZKM | Medienmuseum
Eröffnung 22.02.08, 19 Uhr im ZKM_Foyer

Die Geschichte der computerbasierten Künste ist noch nicht geschrieben und wird kaum reflektiert. Damit bleibt diesem Bereich der Künste verwehrt, was für die Medien Malerei, Skulptur und selbst Film und Video eine grundlegende Bedingung ist: die Entwicklung eines künstlerischen Vokabulars und eines differenzierten Diskurses sowie die Erzeugung eines kompetenten und kritischen Publikums.

Mit der Ausstellung bit international. [Nove] tendencije: Computer und visuelle Forschung. Zagreb 1961–1973 widmet sich das ZKM | Karlsruhe den Neuen Tendenzen, einer der wichtigsten internationalen künstlerischen Bewegungen der 1960er Jahre, die seinerzeit in Europa und den USA von enormer Wirkung war, aber heute fast vollkommen vergessen ist: den Neuen Tendenzen.

Beginnend mit einer Ausstellung konkreter und konstruktiver Kunst 1961 in Zagreb, entwickelten sich die Neuen Tendenzen rasch zu einer dynamischen Bewegung, die Mitte der 1960er Jahre einen internationalen Op-Art-Boom auslöste. Sie verteidigte ihren Avantgarde-Anspruch, indem sie 1968 den Computer als Medium »künstlerischer Forschung« in ihr Programm aufnahm. In diesem Sommer, zeitgleich mit Cybernetic Serendipity, der legendären Computerkunstausstellung am Londoner Institute for Contemporary Arts, begann in Zagreb das Programm tendencije 4 – Computer und visuelle Forschung.

Unter dem verkürzten Titel Tendenzen widmete sich die Galerie für zeitgenössische Kunst Zagreb, heute das Museum für zeitgenössische Kunst, von 1968 bis 1978 dem Thema Computer und visuelle Forschung mit einer Reihe von Ausstellungen, Symposien und Publikationen. Sie etablierte damit eine einzigartige Plattform für den Austausch von Ideen und Kenntnissen aus den Bereichen Kunst, Natur- und Ingenieurwissenschaften.
In der Hochzeit des Kalten Krieges präsentierten KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen aus der ganzen Welt ihre Werke in Zagreb oder reisten sogar zu den Symposien an – aus Deutschland, Brasilien, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, den Niederlanden, Polen, der Tschechoslowakei, Ungarn, der Sowjetunion und den USA. Mit der von der Galerie herausgegebenen mehrsprachigen Zeitschrift Bit International wurde Zagreb zu einem Initiationspunkt ästhetischer und medientheoretischer Reflexion, dem zu diesem Zeitpunkt weltweit nichts Vergleichbares entsprach. Tendencije 4 versuchte, den historischen Übergang, in dem der Computer, die zeichenverarbeitende Maschine, erstmals als Maschine künstlerischer Kreation wahrgenommen wurde, bewusst zu begleiten und zu formen. Die Künste der elektronischen Medien wurden nicht als isoliertes Phänomen betrachtet, sondern in die Geschichte und den Diskurs der bildenden und performativen Künste einbezogen.

In Zusammenarbeit mit dem MSU | Museum für zeitgenössische Kunst Zagreb, dem ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe und einem internationalen Netzwerk aus Sammlern und privaten Archiven bietet diese Ausstellung erstmals ein Überblick über die [Neuen] Tendenzen und ihr Programm Computer und visuelle Forschung: Grafiken, Gemälde, Filme, Skulpturen sowie computergenerierte Lyrik und Literatur werden nach fast 40 Jahren erstmals wieder einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das Projekt erlaubt eine Erweiterung der medientheoretischen und -historischen Diskussion und sensibilisiert die Wahrnehmung für die historischen Zentren von Kunst und Kultur im Osten Europas.
Kuratiert von Darko Fritz

Zur Ausstellung erscheint eine Katalogbroschüre in deutscher Sprache.