Aufloesung \ Neuordnung
12 Jun - 12 Jul 2015
AUFLOESUNG \ NEUORDNUNG
12 June - 12 July 2015
Im Rahmen der Eröffnung am Donnerstag, den 11. Juni, findet Josh Crowles Performance Lecture »Punctured Terrain: Foundations, Interceptions and Mining in Cornwall« statt
Künstler_innen: Sophie Aigner, Michael Bell-Smith, Josh Crowle, Harm van den Dorpel, Martin Kohout, Daniel Pauselius, Andrew Norman Wilson
Kuration: Lena Brüggemann / Kuratorische Assistenz: Christiane Fiebig
Die Ausstellung »Aufloesung \ Neuordnung« zeigt künstlerische Auseinandersetzungen mit der Ästhetik und Struktur einer digitalisierten Gesellschaft. Deren Werk- und Spielzeuge dienen als Impulse für eine neue künstlerische Sprache.
Zu sehen sind internationale künstlerische Positionen von Sophie Aigner, Michael Bell-Smith, Josh Crowle, Harm van den Dorpel, Martin Kohout, Daniel Pauselius und Andrew Norman Wilson. In ihren Arbeiten untersuchen sie die ästhetischen, sozialen und politischen Konsequenzen der auflösenden Kräfte und Ideologien, die eingebettet sind in die täglich von uns genutzten (internetfähigen) Geräte und Interfaces.
Die Nutzung von an Netzwerken angeschlossenen Geräten und die damit einhergehende Erfassung und Berechnung der Welt als Daten löst die Gesellschaft in kleine, kalkulierbare Entitäten. Durch die digitalen tools werden die Wertesysteme und Regeln der Moderne, ihre Aufteilung in Arbeit und Freizeit, Privatheit und und Öffentlichkeit erodiert und neue Werte naturalisiert. Die Ökonomien und Ideologien, die in der Nutzung von Interfaces, der digitalen tools materiell werden, bleiben indes verborgen – versteckt hinter der Oberfläche der Transparenz und Nutzerfreundlichkeit.
Harm van den Dorpel, Ausschnitt aus "Strategies"
Harm van den Dorpel, Ausschnitt aus "Strategies"
Digitale Oberflächen werden in den Arbeiten von Harm van den Dorpel als Material und Methode genutzt. Das Video »Strategies« bildet den Schaffungsprozess zweier Collagen mithilfe eines selbstgeschriebenen Computerprogramms ab. Bildschirmfotos, Bilder von Tumblr und Found Footage wurden von dem Künstler über einen Zeitraum von zwei Monaten gesammelt und kombiniert mit neu überarbeiteten Handlungsanweisungen von Business-Experten, Martial Arts-Gurus, Softwareentwicklern und Jacques Derrida. Das Computerprogramm fungiert dabei als Methode des »Automatischen Schreibens«.
In der Arbeit »Geilwut« von Sophie Aigner ist der Körper in einer Schleife, in einem immer gleichen Modus von Reaktion-Aktion, aufgesplittert und repräsentiert durch verschiedene Medien und Versatzteilen von Technik.
Aufgelöst hat sich in der Ausstellung auch die Zeitordnung: Die Arbeit »More or less the same (10 minutes)« von Daniel Pauselius besteht aus Uhren, deren Zeiger sich unterschiedlich schnell bewegen, jedoch nicht einfach langsamer oder schneller, sondern sie ändern fast unmerklich immer wieder ihren Rhythmus. Formal an die Weltzeituhren in internationalen Konzernen angelehnt scheinen sie auf die Auflösung fester Arbeitszeiten zu einem Zustand ständiger individueller Verfügbarkeit zu verweisen, auf Verdichtungen und Dehnungen der Zeit.
Die Arbeiten von Martin Kohout untersuchen die absurden Produkte, die das Leben im Kapitalismus einfacher machen sollen. Produkte, die nicht nur helfen zu überleben, wie die Arbeit »Survival Guides for Ballroom Dancers, Renovators, Softball Moms, Working Parents and Troubled Folk in General« verspricht, sondern auch immer besser und produktiver zu werden. In seinen Arbeiten entsteht, wie zb. in den leicht erschlafften »Easy Peas« (Heißkleber-Zeichnungen auf Gymnastikbällen), oft eine Spannung zwischen persönlichen, hingeworfen wirkenden Skizzen und industrieller Präzision.
Michael Bell-Smiths Video »De-employed« zeigt eine Abfolge dynamischer Screen-Effekte. Es wird unablässig geklickt, gewischt, gerissen. Eine Oberfläche explodiert, nur um die nächste Oberfläche sichtbar zu machen. Anfang und Ende gibt es nicht: nur die Transformationen des beinahe Gleichen.
Mit »Jack and Debbie« bringt Josh Crowle zwei parallele, historisch auseinander liegende Erzählungen zusammen: Deborah Harry, Sängerin und Schauspielerin wird am 23. Juli 1985 digitalisiert. Jack, die weibliche Figur im Action-Rollenspiel »Mass Effect« wird am 16. August 2013 materialisiert.
In »Workers leaving the GooglePlex« zeigt Andrew Norman Wilson die Bedingungen der Erzeugung dieser Oberflächen. Die Referenz zum Film »Die Arbeiter verlassen die Fabrik« der Gebrüder Lumiere unterstreicht die Transformationen und gleichzeitig die Kontinuitätslinien in der Organisation von Arbeit, Kapital, Medien und Information.
12 June - 12 July 2015
Im Rahmen der Eröffnung am Donnerstag, den 11. Juni, findet Josh Crowles Performance Lecture »Punctured Terrain: Foundations, Interceptions and Mining in Cornwall« statt
Künstler_innen: Sophie Aigner, Michael Bell-Smith, Josh Crowle, Harm van den Dorpel, Martin Kohout, Daniel Pauselius, Andrew Norman Wilson
Kuration: Lena Brüggemann / Kuratorische Assistenz: Christiane Fiebig
Die Ausstellung »Aufloesung \ Neuordnung« zeigt künstlerische Auseinandersetzungen mit der Ästhetik und Struktur einer digitalisierten Gesellschaft. Deren Werk- und Spielzeuge dienen als Impulse für eine neue künstlerische Sprache.
Zu sehen sind internationale künstlerische Positionen von Sophie Aigner, Michael Bell-Smith, Josh Crowle, Harm van den Dorpel, Martin Kohout, Daniel Pauselius und Andrew Norman Wilson. In ihren Arbeiten untersuchen sie die ästhetischen, sozialen und politischen Konsequenzen der auflösenden Kräfte und Ideologien, die eingebettet sind in die täglich von uns genutzten (internetfähigen) Geräte und Interfaces.
Die Nutzung von an Netzwerken angeschlossenen Geräten und die damit einhergehende Erfassung und Berechnung der Welt als Daten löst die Gesellschaft in kleine, kalkulierbare Entitäten. Durch die digitalen tools werden die Wertesysteme und Regeln der Moderne, ihre Aufteilung in Arbeit und Freizeit, Privatheit und und Öffentlichkeit erodiert und neue Werte naturalisiert. Die Ökonomien und Ideologien, die in der Nutzung von Interfaces, der digitalen tools materiell werden, bleiben indes verborgen – versteckt hinter der Oberfläche der Transparenz und Nutzerfreundlichkeit.
Harm van den Dorpel, Ausschnitt aus "Strategies"
Harm van den Dorpel, Ausschnitt aus "Strategies"
Digitale Oberflächen werden in den Arbeiten von Harm van den Dorpel als Material und Methode genutzt. Das Video »Strategies« bildet den Schaffungsprozess zweier Collagen mithilfe eines selbstgeschriebenen Computerprogramms ab. Bildschirmfotos, Bilder von Tumblr und Found Footage wurden von dem Künstler über einen Zeitraum von zwei Monaten gesammelt und kombiniert mit neu überarbeiteten Handlungsanweisungen von Business-Experten, Martial Arts-Gurus, Softwareentwicklern und Jacques Derrida. Das Computerprogramm fungiert dabei als Methode des »Automatischen Schreibens«.
In der Arbeit »Geilwut« von Sophie Aigner ist der Körper in einer Schleife, in einem immer gleichen Modus von Reaktion-Aktion, aufgesplittert und repräsentiert durch verschiedene Medien und Versatzteilen von Technik.
Aufgelöst hat sich in der Ausstellung auch die Zeitordnung: Die Arbeit »More or less the same (10 minutes)« von Daniel Pauselius besteht aus Uhren, deren Zeiger sich unterschiedlich schnell bewegen, jedoch nicht einfach langsamer oder schneller, sondern sie ändern fast unmerklich immer wieder ihren Rhythmus. Formal an die Weltzeituhren in internationalen Konzernen angelehnt scheinen sie auf die Auflösung fester Arbeitszeiten zu einem Zustand ständiger individueller Verfügbarkeit zu verweisen, auf Verdichtungen und Dehnungen der Zeit.
Die Arbeiten von Martin Kohout untersuchen die absurden Produkte, die das Leben im Kapitalismus einfacher machen sollen. Produkte, die nicht nur helfen zu überleben, wie die Arbeit »Survival Guides for Ballroom Dancers, Renovators, Softball Moms, Working Parents and Troubled Folk in General« verspricht, sondern auch immer besser und produktiver zu werden. In seinen Arbeiten entsteht, wie zb. in den leicht erschlafften »Easy Peas« (Heißkleber-Zeichnungen auf Gymnastikbällen), oft eine Spannung zwischen persönlichen, hingeworfen wirkenden Skizzen und industrieller Präzision.
Michael Bell-Smiths Video »De-employed« zeigt eine Abfolge dynamischer Screen-Effekte. Es wird unablässig geklickt, gewischt, gerissen. Eine Oberfläche explodiert, nur um die nächste Oberfläche sichtbar zu machen. Anfang und Ende gibt es nicht: nur die Transformationen des beinahe Gleichen.
Mit »Jack and Debbie« bringt Josh Crowle zwei parallele, historisch auseinander liegende Erzählungen zusammen: Deborah Harry, Sängerin und Schauspielerin wird am 23. Juli 1985 digitalisiert. Jack, die weibliche Figur im Action-Rollenspiel »Mass Effect« wird am 16. August 2013 materialisiert.
In »Workers leaving the GooglePlex« zeigt Andrew Norman Wilson die Bedingungen der Erzeugung dieser Oberflächen. Die Referenz zum Film »Die Arbeiter verlassen die Fabrik« der Gebrüder Lumiere unterstreicht die Transformationen und gleichzeitig die Kontinuitätslinien in der Organisation von Arbeit, Kapital, Medien und Information.