D21

On Bohème and Bohemians

05 - 21 Sep 2014

Katerina Samková
Kunstschmuck
Birgitt Fischer
Birsch
Antonin Jirat
leatherette wall
ON BOHÈME AND BOHEMIANS
5 - 21 September 2014

Künstlersalon »How to be bohemian?«: Samstag, den 06.09.2014, ab 18 Uhr mit den ausstellenden Künstler_innen und geladenen Gästen sowie Konzert der DECENT DISSENTERS.

Künstler_innen: Daniela Deutelbaum, Petra Mikolášová, Antonín Jirát, Birgitt Fischer, Katerina Samková

Im D21 Kunstraum Leipzig eröffnet am Donnerstag, den 04. September 2014, um 19 Uhr, die Ausstellung »on bohème and bohemians«. Fünf junge Künstler_innen, die in Prag leben und arbeiten, zeigen ihre Auseinandersetzung mit der Bohème und dem Böhmischen im Spannungsfeld zwischen dem Erbe der Moderne und dem Aufgehen des Bohème-Lebensstils in der heutigen Popkultur.

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts prägt der romantische Dandy der Bohème die Ansichten zu Kunstschaffenden. Diese zeichnen sich insbesondere durch eine Lebensweise aus, die sich von »bürgerlichen Normen« absetzt – intellektuell, antibürgerlich, antiproletarisch, nomadisch. Aus der Selbstbezogenheit der Bohème entwickelte sich die prototypische Position der Moderne, das Ideal der »l`art pour l`art«.

Durch Prag spazierend begegnet einem allerorts der Begriff »bohemian«, welcher hier jedoch völlig andere Assoziationen hervorruft: bürgerlich, traditionell, naturverbunden. Die böhmische Bohème erscheint als ein Widerspruch in sich. Entwickelte sich der Ausdruck »Bohème« zwar aus dem französischen »bohèmien« und bezeichnete die tschechischen Roma in Frankreich, so wurde er später umgenutzt, um statt der ethnischen Zugehörigkeit einen Lebensstil zu benennen, der sich durch Unordnung und Unsittlichkeit auszeichnete. Seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert wurde der Begriff zusehends zur Selbstbezeichnung von Künstler_innen, die das bürgerliche Selbstverständnis ablehnten.

Doch wie gehen tschechische und in Tschechien lebende und arbeitende Künstler_innen mit den verschiedenen Klischees der Bohème heute um? Was bewegt heutzutage die böhmische Kunst und Subkultur, sozusagen die zeitgenössische Bohème? Welches Nachleben hat die Bohème im heutigen Künstlerbild?

Diesen Fragen gehen die ausstellenden Künstler_innen Birgitt Fischer, Daniela Deutelbaum, Antonín Jirát, Petra Mikolášová und Katerina Samková in ihren Arbeiten nach. Das nomadische, intellektuelle Improvisationstalent, welches der Künstler-Bohème des 19. Jahrhunderts zugesprochen wurde, zeichnet auch die gegenwärtigen Künstlerinnen und Künstler aus. Immer wieder errichten sie ad hoc neue Lebensumfelder. Eine Fähigkeit, die sich – beinahe zwangsläufig – auch in der Arbeitsweise und der Wahl der Materialien niederschlägt. Aus diesem Grund werden in der Ausstellung »on bohème and bohemians« neben bereits bestehenden Arbeiten auch solche gezeigt, die erst während des Aufenthaltes der Künstler_innen kurz vor der Ausstellungseröffnung in Leipzig entstehen. Diese Arbeiten werden spontan vor Ort entwickelt und dadurch sowohl auf die Räumlichkeiten des D21 Kunstraum sowie auf das lokale Umfeld der Stadt eingehen.

Am Samstag, den 06. September 2014, findet um 18 Uhr ein Künstlersalon mit dem Titel »How to be bohemian?« im D21 statt. Neben der Möglichkeit mit den ausstellenden Künstlerinnen und Künstlern ins Gespräch zu kommen, werden auch geladene Gäste aus Kunst und Kultur vor Ort sein. Im Laufe des Abends wird es zudem ein Konzert der DECENT DISSENTERS geben. Die Gastgeberinnen des Abends sind Nora Bodnar und AnežkA Bartlová.

Der Eintritt zur Ausstellung sowie dem Künstlersalon mit Konzert ist frei.

Birgitt Fischer lebt und studiert seit sechs Jahren in Prag. Die deutsche Künstlerin beschäftigt sich in ihrer Malerei zumeist mit ihrem Künstler-Dasein und ihrer nationalen Identität im Ausland. Immer wieder taucht sie selbst als Hauptfigur, ähnlich eines Emblems, in ihren Bildern auf. Die Arbeiten lehnen sich an die Computerspiel-Ästhetik der späten 1980er Jahre an. Fischer konstruiert mit ihnen unaufhörlich neue Lebensentwürfe. Sie stellte in den vergangenen Jahren unter anderem im Tschechischen Zentrum Sofia (Bulgarien), bei der Internationalen Biennale für Zeichnung in Prag (Tschechien), dem Museum für Moderne Kunst Bishkek (Kirgistan) sowie der Gallery Lalit Kala in Neu Dehli (Indien) aus.

Die tschechische Künstlerin und Kuratorin Daniela Deutelbaum studierte Fotografie an der Faculty of Art and Design in UJEP Ústí nad Labem und betreibt die Miniatur-Galerie m.odla. In ihren sensiblen Fotografien porträtiert sie Kunst- und Kulturschaffende, stets auf der Suche nach heutigen Lebensmodellen und dem Selbstverständnis der Kunstschaffenden in Tschechien. Sie stellte unter anderem im Haus der Photographie (Prag, Tschechien), bei den Frame 006 awards (Brno, Tschechien), in der m.odla (Prag), bei Rauha – Taivas (Imatra, Finnland) und dem Monat der Photographie (Krakau, Polen) aus.

Petra Mikolášová hinterfragt mit ihren Performances und Installationen selbstironisch den Sinn und Zweck ihres eigenen aber auch generell des künstlerischen Schaffens. Sie deckt künstlerische Strategien auf, indem sie beispielsweise offensichtlich banale Handlungen an historischen Plätzen bedeutungsschwanger auflädt oder aufwendige, museale Präsentationsweisen in ihrer eigenen Wohnung auf Alltagsgegenstände überträgt.

Neben Prag lebt und arbeit Antonín Jirát auch in Ústí. Er hat in seinen Arbeiten eine Handschrift entwickelt, deren Eigenartigkeit seinen humorvollen kinetischen Objekten, Installationen und Videoarbeiten einen ironischen Beigeschmack verleiht. Obwohl die behandelten Themen im Grunde »tradierte Kunstthemen« wie Raum, Zeit und Form sind, schafft Jirát es mittels Improvisation immer wieder neu mit seinen Installationen auf die Ausstellungsorte einzugehen. Jirát stellte unter anderem bei der Internationale Videoart Biennale im Instituto Francés in Barcelona (Spanien), dem Czech Center & Kollektivet Livet Stokholm (Schweden), der Alternative Contemporary Art Fair (Prag, Tschechien) und der TAMTAM Art in Berlin aus.

Katerina Samková studiert seit 2008 an der Akademie der bildenden Künste in Prag (AVU) bei Prof. Milan Knižak. Mit ihren farbbeklecksten Objekten oder Wohnraum-Modellen aus improvisierten Materialien kommentiert sie augenzwinkernd den neuen nomadisch-flexiblen Anspruch und die Wirklichkeit des Künstlerbildes. Sie hinterfragt mit künstlerischen Mitteln die Mythen der Moderne. Samková stellte unter anderem in der K4 Galerie Prag (Tschechien), dem Studio Bubec (Prag), in der Go-Green-Art Galerie in Basel (Schweiz) und der Galerie Weltecho in Chemnitz aus.

Im Rahmen des Künstlersalons am 6. September findet gegen 20 Uhr ein Konzert der DECENT DISSENTERS statt. Die DECENT DISSENTERS klingen nach eigener Aussage „wie eine Horde 90'er Jahre Synthiwölfe, die ihre eigenen Klänge konserviert haben und nun versuchen, den Popzirkus zu neuen Ufern zu treiben... Es ist, als würden sie einen kleinen Einblick in das geben, was sie an Sounds, Klängen und Songideen des Nachts umtreibt. Der Look ist eine Mischung aus Gold und dem Gegenteil von Gold. Einerseits intim, andererseits hinter charmanter Maskierung versteckt. Ihre Musik verstrickt sich in Melancholie und Hysterie, mal geht's in einen unbekannten Hinterhof dann zurück in die Erinnerung an irgendwas mit Einsamkeit.“ (Quelle: Facebook-Fanpage der DECENT DISSENTERS)
 

Tags: Milan Knizak