Linn Lühn

Florian Baudrexel

08 Nov 2008 - 10 Jan 2009

Florian Baudrexel
S 44, 2008
mixed media, pedestal: wood, PVC film
sculpture: 77 x 76 x 53 cm/ 30.3 x 29.9 x 20.9 inches
pedestal: 122,7 x 41,7 x 40 cm/ 48.3 x 16.4 x 15.7 inches
FLORIAN BAUDREXEL
"Ti conosco?"

November 8 – January 10, 2009

Blind vertraut ein Formalist der Form. Es bleibt ihm nichts anderes übrig, er lebt die Welt aus Formen. Er kennt ihre Verhältnisse und weiß ihre Bedingungen. Er beobachtet sie, immer und ständig. Der Formalist hat lange erkannt, erst der Zusammenhang schafft das Sein. Daneben und darin, woraus und wofür. Anders, wie auch immer, ein Prozess.
Während die Form da ist, will der formale Mensch formen. Gründlich kontrollieren, perfekt bis zum Ende gedacht. Verlieren kann er sich nur in der Form, denn auf die ist Verlass. Feste Wände kennt das Leben selten.
Die Form kann so allein sein wie ein Mensch. Nur für sich, roh, ganz stoisch und brutal direkt.
Ein jemand, der zu viele Gedanken alleine gehabt hat. Das kann dich weich betreffen, es erinnert und bewegt, es fließt und es staut. Nur die Augen sehen etwas anderes.
Formsein an sich bedeutet gewaltig zu sein, Wirklichkeit im großen Stil. Und dennoch gehen viele Wege an ihr vorbei, denn Objektivierung ist ein Vorgang und es gibt Möglichkeiten.
Die Form ist so bodenständig, wie es ihre Verhältnisse niemals sind. Du kannst dich fallenlassen darin, dich auflösen im Kreisrund und Versinken in der Welt deiner Gebilde, die Form wird dich niemals verlassen.
Sie fängt dich auf, du rastest ein, je länger du bei ihr bist, je länger ihr zusammen seid. Wenn deine Hände mit dem Werkzeug die Form umschleifen, umreißen sie das künftige Sein. Du hast es im Griff und doch, es bewegt und entsteht, und die Form muss sich hingeben. Einverleibung auf allen Seiten.
Der Formalist ist darin Spezialist, er ist der Meister der sachlichen Verschwendung, ein Virtuose im Verlieren der Bedingungen. Denn er hat ja die Form, als Realität gewordenen Glauben. Erst wenn er eins ist mit dem Formalen, wird er leicht und gewandt. Er taucht um sie herum und umschmeichelt sie wie ein hungriger Hai einen Schwarm fluoreszierender Fische. Er spricht und hört zu, er kennt die Rhetorik und lotet die Winkel.
Dann schlägt er zu.
Gegensatzbegriffe und Beziehungsgefüge sortieren sich neu. Minderwertiges Material zeigt Willen zur Macht, hineinsaugende Unendlichkeit umschließt unsere eigene Alltäglichkeit, massig und leicht, gefunden und geliebt. Solange bis es stimmt.
Ich kann es gut verstehen. Nur eine Form kann die Verbindung zu mir schaffen, von meinem Kopf in die Welt, von innen nach außen, aus dem Vakuum in die Bewegung. Zu mir und von mir, als Betrachter meines Lebens. Solange ich Form bin, hört es nicht auf. Ich bleibe ein Teil. Mehr kann ich nie sein. Mehr kann keiner.

Katharina Koppenwallner
 

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