Adrian Alecu, Lene Markusen, Adnan Softic
26 Jan - 10 Feb 2007
Adrian Alecu
Lene Markusen
Adnan Softic
curated by Noemi Smolik
Janurary 26th — February 10th, 2007
Der in Rumänien geborene und in Bukarest aufgewachsene Adrian Alecu fiel mit seinen phantasievoll inszenierten Filmen schon am Anfang seines Studiums an der Hochschule für bildende Kunst in Hamburg auf. Sein 2003 entstandener Film mit dem Titel COMON SAVA ist von kafkaesker Qualität und daher voller Rätsel; Was sucht die junge Frau in dem ihr unzugänglichen Archiv? Warum wirkt sie so abwesend? Wohin läuft sie und was bedeutet die ausgelassene Gesellschaft, die in einem, von Pferden gezogenen Wagen an ihr vorbeifährt? Absurdität auf der einen Seite und Humor auf der anderen sind in den mitreissenden Szenen von Alecu stets gegenwärtig, in Worte sind sie allerdings nur schwer zu fassen. Um so eindringlicher sind die einzelnen Bilder, die noch lange im Gedächtnis bleiben. Genauso intensiv bohrt sich ins Gedächtnis das Bild aus dem tonlosen, kurzen Film Fahrt, der einem Wagen, der durch eine geisterhaft leere Stadt fährt, auf dessen Trittbrett ein junger Mann steht, folgt. Und warum passiert nichts in dem Loop „Vor der Sendung“, der einen Tisch mit einem Stuhl zeigt? Doch, es passiert etwas; für ein Bruchteil einer Sekunde erscheint eine Hand.
Lene Markusen ist in Dänemark geboren, studierte in Hamburg an der Hochschule für bildende Kunst. Während ihres Studiums verbrachte sie längere Zeit in Russland. Hier drehte sie den Film Grad, mit dem sie 2003 in Hamburg den Preis für die beste Diplomarbeit gewann. Eine in ihrer unverkennbar russischen Art charmante Ansagerin leitet durch den Film, der drei jungen Mädchen bei ihrem Abenteuerausflug nach Moskau folgt. Doch das jugendliche Abenteuer verwandelt sich in tragikomische Begegnungen mit der realsozialistischen Vergangenheit; sie treffen Lenin, Hitler und den amerikanische Aktionsdarsteller Chuk Norris als Imitatoren friedlich vereint an einem Tisch sitzend, eine Mutter zweier Töchter, die während einer Geburtstagsfeier von ihrer Kindheit in einem Gulag eingeholt wird, Soldaten... Mit ungewöhnlicher Intensität gelingt es Markusen die Trauer über das Geschehene, die jeden Augenblick in unkontrollierte Aggression umzuschlagen droht, in Bildern einzufangen, die wegen ihrer Originalität den Betrachter/in staunend zurücklassen. Seit 2004 arbeitet Markusen an einem neuen Film mit dem Titel Mennesket, der einer Gruppe von Menschen nachgeht, deren Zusammenhalt auf einem gemeinsam begangenen Verbrechen beruht. Vorläufig gibt es zwei kurze, tonlose filmische Studien zu diesem Film; die eine fängt einige Alltagszenen ein, die andere konzentriert sich auf die Landschaft, die als Hintergrund des Geschehens gedacht ist. In ihrem 1998 gedrehten, 2006 wieder aufgegriffenen Film Nana vor dem Asylantenheim zeigt Markusen auf einem Stuhl sitzende, abwesend wirkende junge Frau, hinter deren Rücken das Auf und Ab am Eingang eines Asylantenheimes sich abspielt.
Adnan Softić ist in Sarajevo geboren und aufgewachsen. Er studierte ebenfalls an der Hochschule für bildende Kunst in Hamburg, wo er 2006 mit seinem Film Luk – Onien – Zwiebel als der besten Diplomarbeit sein Studium beendete. Ähnlich dem Vorgang des Zwiebelschälens zeigt Softić Blatt für Blatt das Alltagsleben eines serbischen Migranten in Hamburg, der nachts sein Geld mit Putzen in einer Werbeagentur verdient. Liebevoll leert er die Abfalleimer. Ihr Inhalt gibt ihm Auskunft über die einzelnen Angestellten; bald kennt er nicht nur deren Urlaubspläne aber anhand der weggeworfenen Dosen auch deren Gesundheitszustand. Obwohl er die Angestellten nie zu Gesicht bekommt, scheint er mit deren Gewohnheiten bestens vertraut zu sein, er kann stundenlang über jeden Einzelnen erzählen. Bei seinem nächtlichen Nachhausekommen trifft er immer wieder einen kleinen Jungen – vielleicht seinen Sohn -, der nachts alleine gelassen wird und unter Ängsten und Halluzinationen leidet. Auch sein Leben ist nicht frei von Halluzinationen; die Sängerin Janis Joplin verfolgt ihn, Lenin taucht als großes Bild auf, das Leben dreht sich um den Kern der Zwiebel, doch der Kern, das eigentliche, wahre Bild, entzieht sich jedem Zugriff. Mit suggestiven Bildern hält Softić das Leben dieses Migranten fest, wobei die Grenze zwischen realen Bildern und Bildern der Einbildung fließend ist. In dem kurzen Film Festes Gewebe oder Der Körper ist mein Tempel von 1999 trimmen drei jungen Männer ihr Körper. Durch eine zerbombte Stadt joggend, träumen sie von einem perfekten Aussehen, das sie von westlichen Hochglanzmagazinen her können. Was für ein absurdes Anliegen inmitten einer trostlosen Ruinenlandschaft.
Noemi Smolik
Lene Markusen
Adnan Softic
curated by Noemi Smolik
Janurary 26th — February 10th, 2007
Der in Rumänien geborene und in Bukarest aufgewachsene Adrian Alecu fiel mit seinen phantasievoll inszenierten Filmen schon am Anfang seines Studiums an der Hochschule für bildende Kunst in Hamburg auf. Sein 2003 entstandener Film mit dem Titel COMON SAVA ist von kafkaesker Qualität und daher voller Rätsel; Was sucht die junge Frau in dem ihr unzugänglichen Archiv? Warum wirkt sie so abwesend? Wohin läuft sie und was bedeutet die ausgelassene Gesellschaft, die in einem, von Pferden gezogenen Wagen an ihr vorbeifährt? Absurdität auf der einen Seite und Humor auf der anderen sind in den mitreissenden Szenen von Alecu stets gegenwärtig, in Worte sind sie allerdings nur schwer zu fassen. Um so eindringlicher sind die einzelnen Bilder, die noch lange im Gedächtnis bleiben. Genauso intensiv bohrt sich ins Gedächtnis das Bild aus dem tonlosen, kurzen Film Fahrt, der einem Wagen, der durch eine geisterhaft leere Stadt fährt, auf dessen Trittbrett ein junger Mann steht, folgt. Und warum passiert nichts in dem Loop „Vor der Sendung“, der einen Tisch mit einem Stuhl zeigt? Doch, es passiert etwas; für ein Bruchteil einer Sekunde erscheint eine Hand.
Lene Markusen ist in Dänemark geboren, studierte in Hamburg an der Hochschule für bildende Kunst. Während ihres Studiums verbrachte sie längere Zeit in Russland. Hier drehte sie den Film Grad, mit dem sie 2003 in Hamburg den Preis für die beste Diplomarbeit gewann. Eine in ihrer unverkennbar russischen Art charmante Ansagerin leitet durch den Film, der drei jungen Mädchen bei ihrem Abenteuerausflug nach Moskau folgt. Doch das jugendliche Abenteuer verwandelt sich in tragikomische Begegnungen mit der realsozialistischen Vergangenheit; sie treffen Lenin, Hitler und den amerikanische Aktionsdarsteller Chuk Norris als Imitatoren friedlich vereint an einem Tisch sitzend, eine Mutter zweier Töchter, die während einer Geburtstagsfeier von ihrer Kindheit in einem Gulag eingeholt wird, Soldaten... Mit ungewöhnlicher Intensität gelingt es Markusen die Trauer über das Geschehene, die jeden Augenblick in unkontrollierte Aggression umzuschlagen droht, in Bildern einzufangen, die wegen ihrer Originalität den Betrachter/in staunend zurücklassen. Seit 2004 arbeitet Markusen an einem neuen Film mit dem Titel Mennesket, der einer Gruppe von Menschen nachgeht, deren Zusammenhalt auf einem gemeinsam begangenen Verbrechen beruht. Vorläufig gibt es zwei kurze, tonlose filmische Studien zu diesem Film; die eine fängt einige Alltagszenen ein, die andere konzentriert sich auf die Landschaft, die als Hintergrund des Geschehens gedacht ist. In ihrem 1998 gedrehten, 2006 wieder aufgegriffenen Film Nana vor dem Asylantenheim zeigt Markusen auf einem Stuhl sitzende, abwesend wirkende junge Frau, hinter deren Rücken das Auf und Ab am Eingang eines Asylantenheimes sich abspielt.
Adnan Softić ist in Sarajevo geboren und aufgewachsen. Er studierte ebenfalls an der Hochschule für bildende Kunst in Hamburg, wo er 2006 mit seinem Film Luk – Onien – Zwiebel als der besten Diplomarbeit sein Studium beendete. Ähnlich dem Vorgang des Zwiebelschälens zeigt Softić Blatt für Blatt das Alltagsleben eines serbischen Migranten in Hamburg, der nachts sein Geld mit Putzen in einer Werbeagentur verdient. Liebevoll leert er die Abfalleimer. Ihr Inhalt gibt ihm Auskunft über die einzelnen Angestellten; bald kennt er nicht nur deren Urlaubspläne aber anhand der weggeworfenen Dosen auch deren Gesundheitszustand. Obwohl er die Angestellten nie zu Gesicht bekommt, scheint er mit deren Gewohnheiten bestens vertraut zu sein, er kann stundenlang über jeden Einzelnen erzählen. Bei seinem nächtlichen Nachhausekommen trifft er immer wieder einen kleinen Jungen – vielleicht seinen Sohn -, der nachts alleine gelassen wird und unter Ängsten und Halluzinationen leidet. Auch sein Leben ist nicht frei von Halluzinationen; die Sängerin Janis Joplin verfolgt ihn, Lenin taucht als großes Bild auf, das Leben dreht sich um den Kern der Zwiebel, doch der Kern, das eigentliche, wahre Bild, entzieht sich jedem Zugriff. Mit suggestiven Bildern hält Softić das Leben dieses Migranten fest, wobei die Grenze zwischen realen Bildern und Bildern der Einbildung fließend ist. In dem kurzen Film Festes Gewebe oder Der Körper ist mein Tempel von 1999 trimmen drei jungen Männer ihr Körper. Durch eine zerbombte Stadt joggend, träumen sie von einem perfekten Aussehen, das sie von westlichen Hochglanzmagazinen her können. Was für ein absurdes Anliegen inmitten einer trostlosen Ruinenlandschaft.
Noemi Smolik